Alumni-Engagement

Sozialunternehmerin Zarah Bruhn

„Ich will das soziale Unternehmertum revolutionieren“

TUM Alumna Zarah Bruhn.
27. Apr 2022  |  
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In der Flüchtlingskrise von 2015 gründete TUM Alumna Zarah Bruhn das gemeinnützige Unternehmen socialbee. Mit einer Übernahmequote von über 90 Prozent vermittelt sie Geflüchtete in Festanstellungen (Bild: Google.org).

Eigentlich wollte TUM Alumna Zarah Bruhn Investmentbankerin werden. Nun ist sie Sozialunternehmerin. Mit ihrem Non-Profit-Unternehmen socialbee integriert sie Geflüchtete nachhaltig in die Gesellschaft. Seit April ist sie zudem als Beauftragte für soziale Innovationen für das Bundesministerium für Bildung und Forschung tätig.
Zarah Bruhn ist eine Macherin. „Alles ist möglich“, zitiert sie das Motto aus ihrem Elternhaus. 2015 hat sie mit 20.000 Euro Startkapital eines der mittlerweile erfolgreichsten Social ScaleUps Europas gegründet. Mit zwei festen Standorten in München und in Stuttgart vermittelt die TUM Alumna seit sechs Jahren erfolgreich Geflüchtete nachhaltig in den deutschen Arbeitsmarkt – und das mittlerweile sogar bundesweit.

Neben direkten Stellenbesetzungen stehen dabei vor allem Qualifizierungsprojekte mit großen Unternehmen im Fokus ihrer Integrationsarbeit. So können wirkliche Karrierechancen für Geflüchtete ermöglicht werden, und gleichzeitig dem Fachkräftemangel entgegengewirkt werden. Dafür wurde sie im Dezember von TUM-Präsident Thomas F. Hofmann als TUM-Pionierin ausgezeichnet. „Als verantwortungsvolle technische Universität richtigen wir unsere Tätigkeit an den Werten, Bedürfnissen und Erwartungen der Gesellschaft aus. Unsere Alumna und socialbee-Gründerin Zarah Bruhn wird dieser gesellschaftlichen Verantwortung mit ihrem Unternehmen vorbildlich gerecht“, so Thomas F. Hofmann.

Auf den Krieg in der Ukraine hat Zarah Bruhn direkt reagiert. „Mit meinem Unternehmen leiste ich seit über sechs Jahren nachhaltige Integrationshilfe. Unsere Unterstützung gilt dabei immer allen Geflüchteten gleichermaßen, jedoch individuell auf die Bedürfnisse jeder Zielgruppe angepasst.“ Geflüchtete können sich ratsuchend an socialbee wenden und erhalten Jobangebote und individuelle Betreuung, ebenso werden Unternehmen bei der Rekrutierung und Integration Geflüchteter unterstützt.

GRÜNDERSPIRIT

Schon während des Bachelor-Studiums an der Universität Mannheim arbeitete Zarah Bruhn bei Wagniskapitalgebern und Private-Equity-Gesellschaften. Sie wollte Investmentbankerin werden. Doch durch ihr Studium Management and Technology an der TUM bekam sie richtig Lust, zu gründen. „An der TUM ist der Gründerspirit omnipräsent“, sagt sie. „Durch die praxisorientierten Seminare, Fallstudien und die vielen Gründerinnen und Gründer wird einem dieser Spirit hier vorgelebt.“

An der TUM ist der Gründerspirit omnipräsent.

Zarah Bruhn

Als sich Zarah Bruhn Ende 2015 ehrenamtlich in der Flüchtlingskrise engagierte, wurde ihr klar, dass sie Teil der langfristigen Lösung werden und dafür ein Sozialunternehmen gründen wollte. Schon an der TUM erlebte sie hautnah mit, wie gewinnbringend interdisziplinäre und internationale Arbeitsgruppen sind – wie wertvoll Diversität ist. Quasi über Nacht gründete sie mit Maximilian Felsner socialbee. Insbesondere Geflüchtete mit geringer Qualifikation wollten sie aktiv in den Arbeitsmarkt und die Gesellschaft integrieren. „Ich hatte nicht das Gefühl, dass die bestehenden Strukturen am Arbeitsmarkt für eine nachhaltige Integration ausreichen“, erklärt sie.

RÜCKENWIND

Von der TUM bekam Zarah Bruhn für die Gründung den nötigen Rückenwind. Zwei Urlaubssemester wurden der Masterstudentin zur Ausgründung eingeräumt. „Auch die Masterarbeit konnte ich über mein eigenes Start-up schreiben“, sagt sie. „Diese große Freiheit bekommt man nicht an jeder Uni.“ Bis heute kommt Zarah Bruhn das breite Netzwerk der TUM zugute. Durch Zuwendungen von Stiftungen steht ihr Unternehmen auch finanziell auf gesicherten Beinen.

So kann sich Zarah Bruhn der nachhaltigen Integration von Geflüchteten widmen: Diese können an Qualifizierungsprogrammen teilnehmen, die gemeinsam mit großen Unternehmen durchgeführt werden – und die durch hohe Übernahmechancen auf eine anschließende Festanstellung überzeugen. Oder Geflüchtete werden direkt über socialbee angestellt und für einen Zeitraum von nicht unter einem Jahr zu den Partnerunternehmen – vom Kleinstbetrieb bis zum DAX-Konzern – vermittelt. Zusätzlich profitieren sie von einem Integrationsprogramm, das gezielte Qualifikation, sozialpädagogische Betreuung und Sprachförderung kombiniert.

TUM Alumna Zarah Bruhn mit Teammitgliedern.

Seit der Unternehmensgründung vermittelte TUM Alumna Zarah Bruhn hunderte Geflüchtete in Festanstellungen. Ihr eigenes Team ist mittlerweile auf 20 Mitarbeitende an Standorten in München und Stuttgart angewachsen. Auf dem Bild sind zu sehen (v.l.n.r.): Dris Mi (Head of Product + Learning), Sebastian Halden (Senior Sales Manager), Miriam van Laak (Senior Integrationsmanagerin), Zarah Bruhn (CEO), Dr. Sajida Afzal (Senior Integrationsmanagerin) (Bild: Google.org).

Dabei geht es aber nicht nur um die Unterstützung von Geflüchteten, sondern auch den Unternehmen greift Zarah Bruhn und ihr Team unter die Arme. Diese sind dankbar, dass sie sich in Sachen Integration und Diversität einfach engagieren können und nicht durch den Behördendschungel und die ausufernde Bürokratie davon abgehalten werden. „Wir versuchen, als eine Art Puffer zu fungieren, um die Hindernisse, die auftauchen, nicht bei der einen oder der anderen Seite ankommen zu lassen“, erklärt Zarah Bruhn. „Das Ziel ist, dass die Geflüchteten in einem Jahr wirklich fit sind, uns nicht mehr brauchen und idealerweise vom Partnerunternehmen in eine Ausbildung oder qualifizierte Festanstellung übernommen werden.“ Zusätzlich bietet sie und ihr Team auch Train-the-Trainer-Programme an, in denen Unternehmen ihre eigenen Mitarbeitenden zu Experten und Expertinnen für Diversität und Integration ausbilden lassen können.

STRUKTURWANDEL

Bis heute konnte Zarah Bruhn mit ihrem Sozialunternehmen hunderte Geflüchtete in Festanstellungen vermitteln. „Die Übernahmequote liegt bei über 90 Prozent“, sagt Zarah Bruhn. „Da sind wir sehr, sehr stolz drauf. Wir sind damit deutlich besser als viele andere Arbeitsmarktintegrationsprogramme.“ Sie selbst hat mittlerweile ein Team von über 20 Mitarbeitenden und neben München ein zweites Büro in Stuttgart eröffnet, weitere in anderen Großstädten sollen folgen.

Doch damit will sich die vor Energie nur so sprühende Unternehmerin nicht zufriedengeben. Routinen schrecken sie ab. Und die erfolgreiche Arbeitsvermittlung ist bereits Routine. Zarah Bruhn ist nicht angetreten, um jedes Jahr hundert Geflüchtete zu integrieren. Sie will das gesamte System sozial revolutionieren. „Ich will den Prototyp eines sozialen Imperiums aufbauen und damit das System Sozialunternehmen so attraktiv machen, dass es präferiert wird“, sagt sie. „Ich wünsche mir, dass die besten Talente an den wichtigsten Themen der Welt arbeiten.“ In ihrer neuen Rolle als Beauftragte für soziale Innovationen im Bundesministerium, die sie im April angetreten hat, kann sie hier sicher einiges bewegen.

TUM Alumna Zarah Bruhn.

Zarah Bruhn (Bild: Urban Zintel).

Zarah Bruhn

Master Wirtschaft mit Technologie 2018

 

Zarah Bruhn studierte Business Administration an der Universität Mannheim. 2014 wechselte sie für ihren Master in Technologie- und Managementorientierter Betriebswirtschaftslehre an die TUM. Schon während des Studiums arbeitete sie bei Wagniskapitalgebern und Private-Equity-Gesellschaften. Doch in der Flüchtlingskrise Ende 2015 bekam sie Lust, die Seiten zu wechseln. Sie gründete das gemeinnützige Unternehmen socialbee, das seither Geflüchtete nachhaltig in den Arbeitsmarkt integriert. Noch in der Anfangszeit der Coronakrise gründete sie 2020 eine digitale Plattform, mit der für Risikogruppen kontaktlos Einkäufe erledigt werden können.

Für ihre sozialunternehmerische Tätigkeit wurde Zarah Bruhn mehrfach ausgezeichnet, etwa mit dem KfW Award Gründen, dem Ashoka Fellowship und dem Female Founders Award der American Chamber of Commerce in Germany. 2019 wurde sie vom Wirtschaftsmagazin Capital unter die Top 40 unter 40 gewählt. Sie tritt als Expertin für Integration und Female Entrepreneurship auf Konferenzen auf, unter anderem bei der Münchner Gründerkonferenz Bits & Pretzels. Seit April 2022 ist sie nie neue Beauftragte für soziale Innovationen des Bundesministeriums für Bildung und Forschung.

Zarah Bruhn liebt die Extreme, den Adrenalinrausch in der Höhe beim Klettern und in den Wellen beim Surfen. Den Winter verbringt die erfolgreiche Unternehmerin gerne im Süden und stellt damit gleichzeitig unter Beweis wie gut New Work funktioniert.