Seit 1988 hat Professor und TUM Alumnus Winfried Nerdinger immer wieder gefordert, dass sich auch München kritisch mit dem Nationalsozialismus auseinandersetzen müsse. Über ein Vierteljahrhundert später hat er als Gründungsdirektor das NS-Dokumentationszentrum eröffnet.
Das Architekturmuseum der TUM
Und der Architekturhistoriker Nerdinger hat einiges bewegt und seine eigenen Spuren an der TUM und in seinem Heimatland Bayern hinterlassen. Für ihn wurde die Professur für Architekturgeschichte an der TUM eingerichtet, als er einen Ruf von der McGill University in Montreal erhalten hatte, und im Rahmen seiner Tätigkeit als Extraordinarius an der Fakultät für Architektur baute er das Architekturmuseum der TUM auf, das 2002 in der Pinakothek der Moderne eröffnet wurde: „Der Bestand der Architektursammlung der Universität befand sich damals noch in einem Abstellraum über der Bibliothek und in einer angemieteten Wohnung an der Augustenstraße“, erzählt er. „Ich begann, Modelle und Pläne zu sammeln und Ausstellungen zu erarbeiten. Daraus entstand dann das Architekturmuseum.“
München hat die Verpflichtung, sich seiner NS-Geschichte zu stellen.
Das NS-Dokumentationszentrum München
„München hatte meiner Auffassung nach ganz einfach die Verpflichtung, sich dieser Geschichte zu stellen und einen Ort zu schaffen, an dem alle Bürgerinnen und Bürger und auch zukünftige Generationen Aufklärung über die NS-Zeit finden und aus der Geschichte lernen können.“ Es dauerte mehr als 25 Jahre und es gab „endlose Mühen und Auseinandersetzungen“, bis der Neubau am Königsplatz im Mai 2015 eröffnet wurde – nach dem Architekturmuseum der TUM eine weitere und vielleicht die größte Spur, die Winfried Nerdinger in München hinterlassen hat: „Dass ich direkt nach meiner Hochschultätigkeit das Dokumentationszentrum konzipieren und zur Eröffnung führen konnte, war zeitlich ein glücklicher Zufall, inhaltlich die konsequente Folge langjähriger Bemühungen.“
Winfried Nerdinger wurde vielfach für sein Engagement ausgezeichnet: Er wurde zum TUM Emeritus of Excellence ernannt und u.a. mit dem Bundesverdienstkreuz am Bande ausgezeichnet. In seiner letzten Ausstellung, die er für NS-Dokumentationszentrum kuratierte, verbanden sich sein Wirken für das Münchner NS-Dokumentationszentrum und für die TUM, seine Alma Mater. Anlässlich des 150-jährigen Gründungsjubiläums der TUM dokumentierte die Sonderausstellung unter dem Titel „Die Technische Hochschule München im Nationalsozialismus“ anhand einer Fülle von bislang unbekanntem Material die personellen, ideologischen und institutionellen Veränderungen der Hochschule während der NS-Zeit. Der Ausstellungskatalog ist bei der TUM.University Press erschienen.
Diplom Architektur 1971, Promotion Kunstgeschichte 1979
In seinem Studium der Architektur spezialisierte sich Winfried Nerdinger früh auf die historischen Fächer. Seine Dissertation im Fach Kunstgeschichte war die Weichenstellung zur historischen Forschung, die eigens für ihn eingerichtete Professur für Architekturgeschichte der Grund, an der TUM zu bleiben. Gastprofessuren und Vorlesungen führten ihn an viele Universitäten u.a. nach Harvard, Helsinki und Montreal. Er baute das Architekturmuseum der TUM in der Pinakothek der Moderne auf und war von 1989 bis 2012 Direktor des Museums. 2012 übernahm er die Gründungsdirektion des NS-Dokumentationszentrum München, dessen Leitung er bis April 2018 innehatte. Über 150 Ausstellungen hat er im Laufe seiner Tätigkeiten konzipiert. Für seine Arbeiten und sein Engagement wurde er u.a. mit dem Bayerischen Architekturpreis, dem Bayerischen Staatspreis für Architektur und dem Verdienstkreuz am Bande des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland ausgezeichnet. Er ist seit 2019 neuer Präsident der Bayerischen Akademie der Schönen Künste.
Professor Dr. Winfried Nerdinger wurde 2012 von TUM-Präsident Prof. Dr. Wolfgang A. Herrmann in den Kreis der TUM Emeriti of Excellence aufgenommen.
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