Porträtaufnahmen der Alumni in einer Collage.

Bilder: Magdalena Jooß/TUM (Bartels, Fürst, Tomic), Roland Niepaul (Peterwerth).

Alumni-Engagement
Wie schaffen Sie das?
Vier Alumni erzählen von besonderen Situationen in ihrem Leben und wie sie damit umgegangen sind.
25. Apr 2022  |  
Lesezeit ca. Min.
Das Familienunternehmen aus der Wirtschaftskrise führen, die Balance zwischen Führungsrolle und Familie wuppen, nach einem Schicksalsschlag zurück ins Leben finden und auf einer abenteuerlichen Reise bestehen: Manche Menschen schaffen Dinge, die uns staunen lassen und für uns selbst im ersten Moment unmöglich erscheinen.
Ehefrau, Mutter, Topmanagerin

Dr. Katharina Peterwerth

Meine Überzeugung ist, dass der Wunsch, Kinder zu haben, und der Anspruch, beruflich etwas zu bewegen, einander nicht ausschließen. Sicherlich ist das nicht immer einfach. Oft erfordert es Mut.

Vor allem braucht es im Beruflichen wie im Privaten dazu die richtigen Partner. Deswegen habe ich immer diejenigen Unternehmen gewählt, die dies ermöglichen. Bei McKinsey bin ich in Teilzeit zum Associate Partner aufgestiegen und habe in dieser Zeit drei Kinder bekommen. Auch als Leiterin der Organisationsentwicklung bei Volkswagen hatte ich genügend Freiraum, beidem gerecht zu werden: den Anforderungen im Topmanagement genauso wie meiner Familie. Selbstverständlich muss ich diesen Freiraum auch aktiv einfordern. An einigen Abenden auch mal länger arbeiten.

Ich bin nicht alleine – ganz im Gegenteil: Wir haben eine wunderbare Kinderbetreuung und eine ebenso tolle Haushaltshilfe. Und ganz entscheidend ist die Beziehung auf Augenhöhe mit meinem Mann. Wir haben kaum traditionelle Rollenverteilungen: Wir teilen uns die Aufgaben des Alltags ebenso wie den mentalen Workload.

Diesen balanciere ich auch aus, indem ich Dingen Aufmerksamkeit schenke, die mich faszinieren und begeistern – beruflich wie privat. Für mich gibt es hier keine strikte Trennung. Warum auch? Ich bin ein und dieselbe Person: Ich verabrede mich mit inspirierenden Kolleginnen und Kollegen zum Abendessen genauso gerne wie mit einer Freundin auf einen Gin Tonic. Für mich zählt, dass es gute Gespräche und schöne Augenblicke sind, die ich erlebe. Das gibt mir positive Energie und macht mich erfolgreich, indem was ich tue – ganz unabhängig von einer vermeintlichen Rolle. Denn mich gibt es nur als Gesamtpaket: Als Ehefrau, Mutter und Topmanagerin.

Dr. Katharina Peterwerth

Diplom Elektrotechnik und Informationstechnik 2004, Promotion 2008

Dr. Katharina Peterwerth hat an der TUM Elektrotechnik und Informationstechnik studiert und promovierte danach industrienah in einem Programm von Volkswagen, akademisch begleitet von der TUM. Nach erfolgreicher Verteidigung stieg sie bei McKinsey ein, mit dem Schwerpunkt Strategieberatung, Organisationsentwicklung und Produktentwicklung. Nach zehn Jahren kehrte sie Ende 2018 nach Wolfsburg zurück, um die Leitung der Konzern Organisationsentwicklung und damit eine Schlüsselfunktion im Konzern zu übernehmen. Im April 2022 wechselte sie als Chief People and Strategy Officer zum Familienkonzern Haniel. Katharina Peterwerth ist dreifache Mutter, engagiert sich als Mentorin im Programm TUM Mentoring von Alumni für Studierende und gab bereits mehrfach als Referentin im Karriereprogramm ihre Erfahrungen an Studierende und Promovierende der TUM weiter.

Familienunternehmen in der Wirtschaftskrise

Dr. Daniel Tomic

Nach meiner Ausbildung habe ich relativ bald erste Führungsverantwortung in unserem Familienunternehmen übernehmen dürfen. Die Herausforderungen waren sofort sehr groß, denn mit meinem Einstieg 2009 kamen auch die Auswirkungen der globalen Wirtschafts- und Finanzkrise bei uns im Unternehmen an. Überall, sowohl bei Kunden als auch bei eigenen Mitarbeitern war eine gewisse Unsicherheit zu spüren. Dadurch, dass wir aber als Familienunternehmen stets langfristig orientiert waren, den Kunden- aber auch den Mitarbeiterfokus nie aus den Augen verloren haben, konnten wir bis dato jede Krise bewältigen. Das gilt hoffentlich auch für die aktuelle Corona- und sich anbahnende Ukraine-Krise, die beide schwere Folgen für die deutsche sowie globale Wirtschaft haben werden.

Mein Studium wie auch die Promotion waren sehr technisch orientiert. Als Unternehmenslenker geht es unter anderem aber bei vielen Entscheidungen auch um Unternehmenskennzahlen wie z.B. Umsatzrentabilität, Eigenkapitalquote, Cash-Flow, Liquidität, also so genannte Key Performance Indicators (KPIs). Das musste ich erst noch lernen. Nach ein paar Jahren operativer Tätigkeit habe ich mich daher entschieden berufsbegleitend ein Executive MBA Studium an der TUM zu absolvieren. Das hat mir ermöglicht, mich noch grundlegender mit den klassischen BWL-Themen auseinanderzusetzen.

Entscheidend beim Thema Krisenbewältigung ist das Thema Führung und Mitarbeitermotivation. Das wurde mir erst in der Praxis bewusst. Wer als Führungskraft Verantwortung trägt, wie ich das früh tun musste, der braucht ausgeprägte Kommunikationsfähigkeiten, muss gut zuhören können und eine Antenne für Stimmungen, Bedürfnisse und Probleme seiner Mitarbeiter haben. Man muss die Menschen mitnehmen und von seiner Vision überzeugen können, darin liegt der Schlüssel zum Erfolg.

Porträtfoto von TUM Alumnus Daniel Tomic

Bild: Magdalena Jooß/TUM.

Dr. Daniel Tomic

Diplom Maschinenwesen 2003, Promotion 2009, MBA 2014

Dr. Daniel Tomic schloss 2003 sein Studium des Maschinenwesens an der TUM mit Diplom ab. Danach war er Wissenschaftlicher Assistent am Lehrstuhl für Maschinenelemente der TUM und promovierte 2009 auf dem Gebiet der Fahrzeugschaltgetriebeoptimierung. Direkt nach der Promotion stieg er anders als zunächst geplant als Geschäftsführer in das Unternehmen seines Vaters ein. Um seine betriebswirtschaftlichen Kenntnisse auszubilden, entschied sich Daniel Tomic 2012 für einen Master of Business Administration, Leadership und Communication an der TUM. Daniel Tomic rechnet den Erfolg des Familienunternehmens auch seiner Ausbildung an der TUM an und möchte zum Dank etwas zurückgeben und junge Menschen unterstützten. Mit Überzeugung ist er seit 2016 Stifter der TUM Universitätsstiftung und seit 2017 Kuratoriumsmitglied im Bund der Freunde der TUM. Daniel Tomic, der selbst Vater von 2 Kindern ist, ist stolz darauf, das Unternehmen seines Vaters übernommen zu haben und dieses in die nächste Generation tragen zu dürfen. Sein Vater Franjo Tomic kam 1971 aus dem ehemaligen Jugoslawien nach Deutschland und hat als Nicht-Akademiker vor allem durch Fleiß und gutes unternehmerisches Gespür aus einem kleinen Handwerksbetrieb ein heute mittelständisches Industrieanlagenbauunternehmen entwickelt.

Im Rollstuhl zum Leistungssport

Laura Fürst

Ich liebe Sport. Während eines Schulaustauschjahres in den USA verunglückte ich mit einem Snowmobil und bin seither inkomplett querschnittsgelähmt. Das war ein einschneidendes Erlebnis. Zurück in Deutschland verbrachte ich fast fünf Monate in einer Unfallklinik. Dort lernte ich Rollstuhlbasketball kennen, stieg in den Leistungssport ein und nahm später sogar zweimal an den Paralympics teil. Ich habe dabei viele Menschen mit ähnlichen Lebensläufen getroffen, die mitten im Leben stehen.

Das Studium des Maschinenwesens mit dem Leistungssport zu kombinieren war möglich, weil ich mir den Stundenplan selbst zusammenstellen konnte und ich nur wenig Anwesenheitspflichten hatte. Es war trotzdem ziemlich knackig. Meine Kommilitonen haben mich mit Lernstoff versorgt und ich habe versucht, viel mitzuarbeiten, während ich unterwegs war. Im Sommer 2016 und letztes Jahr konnte ich sogar an den Paralympics teilnehmen. Da erfordert schon viel Ehrgeiz und „commitment“. Mittlerweile bin ich Vollzeit bei BMW tätig und habe die internationale Karriere an den Nagel gehängt. Aber in der Bundesliga spiele ich weiter.

Ich mag es, mich in den Dienst der Mannschaft zu stellen, in der jeder seine Rolle hat. Beim Rollstuhlbasketball spielen Menschen verschiedener Nationen, Frauen und Männer, Rollstuhlfahrer und Gehende gemeinsam als Team und kämpfen gemeinsam für den Sieg. Auf dem Spielfeld misst man sich aneinander, dort ist jeder gleich. Danach steigt der eine halt aus dem Rolli und läuft in die Kabine, und der andere nimmt seinen Rolli in die Kabine mit. Und das gibt’s so gut wie bei keiner anderen Sportart. Ich habe auch gelernt, mit Niederlagen umzugehen und eine hohe Frustrationstoleranz entwickelt. Als wir in Rio 2016 das Finale verloren haben, hat das zunächst schon an mir genagt, aber die Freude über die gewonnene Silbermedaille hat schnell überwogen und erzeugt bei mir noch heute eine Gänsehaut, wenn ich daran denke.

Porträtaufnahme von Laura Fürst.

Bild: Magdalena Jooß/TUM.

Laura Fürst

Bachelor Maschinenwesen 2015, Master 2018

Laura Fürst stammt aus Gräfelfing im Münchner Umland. Sie studierte Energie- und Prozesstechnik an der TUM und absolvierte ihren Master in Maschinenwesen. Seit ihrem Abschluss ist sie bei BMW als Entwicklungsingenieurin für Hochvoltspeicher tätig. Nach einem Unfall im Jahr 2008 ist Laura Fürst inkomplett querschnittsgelähmt. In der Unfallklinik Murnau fing sie an, Rollstuhlbasketball auszuprobieren. Seither spielt sie für den Bundesligaverein RBB München. Bei der Weltmeisterschaft 2014 holte sie mit der Deutschen Nationalmannschaft die Silbermedaille, 2015 Gold bei den Europameisterschaften. Zweimal nahm sie an den Paralympics teil, in Rio 2016 holten sie und ihr Team die Silbermedaille. Vor kurzem hat sie ihre internationale Sportkarriere beendet.

Von Tokio nach München auf dem Landweg

Michael Bartels

Nach einem Studienaufenthalt in Japan bin ich 2004 zum ersten Mal von Japan aus über Land nach Deutschland gereist. Ich wollte die Veränderung von Landschaften, Menschen und Kulturen spüren anstelle in 14 Stunden nach Hause zu jetten. Damals ging der Weg von Japan mit dem Schiff nach China, über die Mongolei, Russland, Ukraine, Slowakei zurück nach Deutschland.
2015 erfüllte ich mir den sehnsüchtigen Wunsch im Rahmen eines Sabbaticals den Weg von Japan aus über Land nochmal zu machen. Mit dieser Reise wollte ich mich in das Unbekannte hineinkatapultieren, mich bewusst auf sich ständig ändernde Begebenheiten einlassen. In meinem Job brauche ich zwar viel Kreativität, aber ich bin in einen Büroalltag eingebunden, der eine gewisse Regelmäßigkeit hat. Das gibt es bei einer solchen Reise nicht.
Die Route begann in Tokyo und führte über China, Kirgisistan, Tadschikistan entlang der Afghanischen Grenze, Usbekistan, Iran, Türkei und zurück nach München. Auch, wenn ich mir manche Wunsch-Zielpunkte gesetzt hatte, blieb viel Raum für Improvisation: Wie komme ich von A nach B? Wo schlafe ich? Gibt es noch etwas zu essen? Oder reichen ein paar Kekse und eine zuckrige Limo für diesen Tag im Bus oder Zug? Ich habe dabei viel gelernt, nicht zuletzt Urvertrauen.
Die täglichen Begegnungen mit den Menschen auf der Straße wurden sehr wichtig und waren das Salz in der Suppe. Anfangs habe ich in Business Hotels übernachtet. Diese waren sauber und unpersönlich. Es gab wenig Raum für spontane Begegnungen mit anderen Reisenden. So habe ich angefangen, einfache Hostels zum Übernachten zu suchen. Dort habe ich interessante Menschen kennengelernt, einheimische und ausländische Reisende. Es ging mir darum die einzelnen Orte und mich zu spüren. Wenige Ziele zu setzen und diese zu erleben. Entscheidungen wirken hier viel unmittelbarer. Einfach mal an einem Platz sitzen bleiben. Schauen und beobachten. Und oft setzte sich schon nach fünf Minuten jemand zu mir und ein Gespräch begann.
Porträtaufnahme von Michael Bartels.

Bild: Magdalena Jooß/TUM.

Michael Bartels

Diplom Architektur 2006

Im Jahr 2000 begann Michael Bartels an der TUM mit dem Studium der Architektur. Über das Young Scientist Exchange Program des TUM International Center war er in den Jahren 2003 und 2004 am Tokyo Institute of Technology in Japan. 2006 schloss er sein Studium ab und begann beim Medizintechnikunternehmen Brainlab in München zu arbeiten. Doch sein Fernweh war noch nicht gestillt. Mit dem postgraduierten Programm „Sprache und Praxis“ des Deutschen Akademischen Austauschdienstes ging er für weitere zwei Jahre nach Japan. An der Naganuma School (Tokyo School of Japanese Language) intensivierte er seine Sprachkenntnisse, in der japanischen Filiale von Brainlab seine Auslandserfahrung. 2009 kehrte Michael Bartels in seine Heimatstadt München zurück, wo er weitere zehn Jahre bei Brainlab tätig war. Im Jahr 2013 hat er an der Universität St. Gallen schließlich noch den MBA abgelegt. Seit Mai 2020 arbeitet er als Pricing Manager bei der Firma Keller & Kalmbach. Seine Freizeit verbringt Michael Bartels gerne mit seiner Familie und widmet sich dem Bildnerischen. Arbeiten wie Fotos und Videos stellt er online aus. Für seinen Dokumentarfilm „Tokio München – auf dem Landweg“ wurde er 2005 mit dem Münchner Jugendfilmpreis ausgezeichnet.