Wir sollten die Systeme mit künstlicher Intelligenz bestmöglich nutzen.
Selbst hat Eberl auch einen kleinen Roboter, dem er bereits einiges beigebracht hat: Hamlet-Monologe ebenso wie tanzen und Fußball spielen zum Beispiel. Nao Bluestar, 60 Zentimeter groß und fünf Kilo schwer, „gehört schon fast zur Familie“. Der humanoide Roboter kann Tai-Chi-Übungen, mit einem Sektglas anstoßen und sogar eine Breze kaufen – auch wenn sein Herrchen dem kleinen Mann dabei erst die Tür zur Bäckerei aufhalten musste. „Das ist natürlich zur Zeit noch Spielerei, aber in Zukunft werden wir tatsächlich in einer Gemeinschaft zwischen Menschen und smarten Maschinen leben, so wie wir heute ganz selbstverständlich unsere Smartphones nutzen“, davon ist Eberl überzeugt.
Ulrich Eberl liebt es, einen Blick auf das Leben der Menschen in den nächsten 30, 40 Jahren zu werfen. Bei seinen früheren Arbeitgebern Daimler und Siemens ging es dabei vor allem um Themen wie Mobilität und Energieversorgung, Gesundheit, demographischer Wandel, Stadtentwicklung und Globalisierung, aber immer mehr auch um die Fertigung der Zukunft, Digitalisierung, Smart Data und das Internet der Dinge. „Vor allem das maschinelle Lernen für Bild-, Text- und Spracherkennung hat in den letzten Jahren enorme Fortschritte gemacht“, sagt Eberl. Auf diese „smarten Maschinen“ konzentriert er sich daher folgerichtig in seinem aktuellen Buch.
Fachidiot Roboter, Alltagskünstler Mensch
Künstliche Intelligenz werde alle Jobs massiv verändern. Routinetätigkeiten, vor allem auch in den Büros, würden immer mehr von Maschinen übernommen, meint Eberl. Dennoch will er keine Ängste schüren. Entwickler, Ingenieure, Architekten und Designer, Marketing- und Vertriebsleute, aber auch Lehrer, Ärzte und Pflegekräfte – sie alle würden in Zukunft noch gebraucht. Denn die Systeme mit künstlicher Intelligenz seien vor allem Fachidioten: Sie überträfen uns zwar schon jetzt auf bestimmten Gebieten – vom Quiz-Spiel bis zur Krebserkennung –, aber ihnen fehle Alltagsintelligenz. Gesunder Menschenverstand sowie emotionale und soziale Intelligenz werde noch lange den Menschen vorbehalten bleiben.
Und deshalb geht Ulrich Eberl davon aus, dass sich auch der menschliche Professor an den Universitäten noch eine ganze Weile halten und nicht von Androiden abgelöst werden wird. Auch wenn Roboter immer besser mit Menschen sprechen und auf ihre Bedürfnisse eingehen könnten, brauche es doch Charisma und Sozialkompetenz, um zum Lernen zu motivieren und Menschen zu Höchstleistungen anzuspornen. Und so nimmt Eberl seinen eigenen Roboter zwar mit zu seinen Vorträgen und lässt ihn einiges vorführen, das Reden übernimmt aber doch er selbst – auch wenn sich Nao Bluestar zwischendurch immer wieder gerne zu Wort meldet, etwa mit der Ankündigung, dass er Halsschmerzen habe. Eberl weiß dann, dass einer der Motoren im Nacken seines Roboters heiß gelaufen ist, und dieser erst einmal abkühlen muss.
Promotion Physikalische und Theoretische Chemie 1992
Dr. Ulrich Eberl ist Physiker, Wissenschaftsjournalist und Zukunftsforscher. Nach seinem Studium der Allgemeinen Physik promovierte er an der TUM über die ersten Billionstel Sekunden der Photosynthese, arbeitete bei Daimler und leitete über 20 Jahre bei Siemens die weltweite Kommunikation über Forschung und Zukunftstrends, bevor er sich 2016 mit einem Redaktionsbüro selbstständig machte.
Eberl veröffentlichte unter anderem die Bücher „Zukunft 2050 – wie wir schon heute die Zukunft erfinden“ und „Smarte Maschinen – wie Künstliche Intelligenz unser Leben verändert“. Anschaulich und präzise schildert er darin die Entwicklungen auf dem Gebiet, das den Kern unseres Selbstverständnisses trifft: unsere Intelligenz.