Eine Diskussion über die Zukunft der Arbeit
Wie wollen wir arbeiten?
… hat sich die Arbeitswelt so rasant geändert wie in den vergangenen zehn Jahren. Die Digitalisierung hat Branchen zusammengebracht, neue Berufsfelder geschaffen und grundsätzlich die Art, wie wir Leben und Arbeiten völlig umgekrempelt. Wir arbeiten schneller und vernetzter, unterwegs und im Büro, mit Partnern auf der ganzen Welt zusammen. Expertinnen und Experten diskutieren derzeit erhitzter denn je darüber, wie Erwerbsarbeit in der Zukunft aussehen wird. Und aufgrund des großen Fachkräftemangels in Deutschland, werden gerade junge Berufseinsteigerinnen und Berufseinsteiger hier viel mitzureden haben.
Präsident Thomas F. Hofmann hat deshalb Studierende und Alumni der TUM eingeladen, mit ihm darüber zu diskutieren, wie die TUM junge Menschen in ihrem Studium auf die Arbeitswelt der Zukunft vorbereiten kann und was sie selbst sich in ihrem Job wünschen.
Sinnhaftigkeit, Flexibilität und Möglichkeiten der Mitbestimmung waren einige der Punkte, die diskutiert wurden. Am Ende waren sich alle einig: Wichtig ist es für die junge Generation, eine Beschäftigung zu finden, die ihren individuellen Stärken entspricht und sie ein Leben lang erfüllt und motiviert. Die TUM bietet ihren Studierenden schon während der Ausbildung zahlreiche Möglichkeiten, sich darin auszuprobieren.
Dr. Tina Ruseva TUM Alumna, Mentorin und Gründerin Es geht bei unserem Gespräch ja darum, wie sich die Wünsche an die Arbeitswelt in der jungen Generation verändern. Wie war das denn bei Ihnen, Herr Präsident? Wollten Sie schon immer Präsident werden?
Thomas F. Hofmann Nein (lacht). Ich bin meiner großen Leidenschaft gefolgt und habe den Weg des Wissenschaftlers eingeschlagen. Ich habe an der TUM an der Chemie-Fakultät promoviert und habilitiert, bin also auch Alumnus. Danach war ich in Forschung und Lehre in der Leibniz-Gemeinschaft und an der Universität Münster tätig und kam später als Professor für Lebensmittelchemie und Molekulare Sensorik an die TUM zurück. Geruchs- und Geschmacksforschung war hier mein Spezialgebiet. Ab 2009 war ich zehn Jahre lang parallel dazu Geschäftsführender Vizepräsident für Forschung und Innovation an der TUM. Dadurch konnte ich unmittelbar an der strategischen Weiterentwicklung der Universität mitwirken. Das war eine tolle und wirklich inspirierende Aufgabe. Und dann musste ich mich entscheiden zwischen den eigenen Forschungsvorhaben oder für die Bewerbung auf das Präsidentenamt. Ein Job, den ich jetzt seit drei Jahren habe: Es ist jeden Tag spannend, oftmals unvorhersehbar und teils auch nervenaufreibend, aber wenn ich die Menschen unserer Universität treffe wie unsere Studierenden und Alumni – so wie heute – dann weiß ich, für wen ich das alles mache werde ich daran bestätigt, weil ich sehe, für wen ich das alles mache. Aber zurück zur Frage, Präsident der TUM zu werden, lag nie in meiner Zukunftsplanung (lacht).
Tina Ruseva Es ist wirklich wunderbar, wenn man eine Arbeit machen kann, die einen so erfüllt. Meinen Mentees sage ich immer: Es kommt nicht nur darauf an, etwas richtig zu machen, sondern auch das Richtige zu machen.
Spaß an der Arbeit haben und Neues lernen
Julius Wenzler studiert TUM-BWL im 7. Semester Arbeitsbedingungen, wie beispielsweise ein tolles Büro, sind für mich nicht der zentrale Punkt. Wichtig ist die Flexibilität der Arbeit selbst. In unserer heutigen Welt ist es utopisch zu denken, man könne oder wolle der gleichen Aufgabe sein ganzes Leben lang nachgehen. Ich möchte mich auch später immer wieder neu erfinden und Einblicke in andere Dinge bekommen. So erlebe ich das aktuell als Student in unserem Projekt an der Jungen Akademie. Dort gibt es keine klassische Aufgabenverteilung. Es ist nicht so, dass BWLer die rein administrativen Aufgaben übernehmen und Maschinenbauer die Simulationen verantworten. Im Gegenteil: Ich arbeite gerade an den Simulationen, weil es mir einfach Spaß macht und weil es etwas Neues ist. Interdisziplinäres Arbeiten heißt für mich, dass man immer zwischen der Rolle des Lehrers und Schülers hin und her wechseln kann. Mal kann man was beisteuern, mal muss man was entgegennehmen und lernen. Ich würde mir wünschen, dass das meinen späteren Job auch ausmacht.
Roeya Khlifi studiert Informatik im 7. Semester Diese Flexibilität finde ich auch am wichtigsten. Ich arbeite gerade als Werkstudentin und unterstütze bei verschiedenen Forschungsprojekten. Das ist wirklich superspannend, weil alle Projekte ganz unterschiedliche Voraussetzungen mitbringen und ich bei jedem Projekt etwas anderes lernen kann. Das macht mir Spaß und motiviert mich.
Tina Ruseva Das gilt aber nicht nur für die junge Generation. Die Zeiten, in denen Arbeitnehmerinnen und Arbeiternehmer bereit waren, ein ganzes Leben lang nur eine Aufgabe zu machen oder einen Bereich zu bedienen, sind lange vorbei. Der Wunsch nach Flexibilität, lebenslangem Lernen und überraschenden, herausfordernden Aufgaben ist einfach omnipräsent – und zwar in allen Altersgruppen.
Autonomie und Partizipation
Tina Ruseva Das ist alles sehr richtig. Ich möchte aber zu bedenken geben, dass diese Flexibilität und Mitbestimmung, auch ein unheimliches Maß an Selbstdisziplin und Motivation erfordert. Sich selber zu organisieren, seine Zeit einzuplanen, Entscheidungen zu treffen, gut zu kommunizieren – das sind Fähigkeiten, die man dafür einfach haben muss. Man muss bereit sein, mit seinem Vorgesetzten zu verhandeln, wenn man beispielsweise mit den Zielen oder der Ausstattung eines Projektes nicht einverstanden ist. Dazu brauche ich gute analytische Fähigkeiten, um das Gesamtbild zu verstehen. Manche können das sicher richtig gut, aber vielleicht nicht alle. Viele Menschen nehmen das als sehr große Herausforderung war.
Veronica Becker TUM Alumna und Projektmanagerin an der TUM Diese Erfahrungen haben wir bei „Plant A Seed“ auch gemacht. Ich habe die studentische Initiative vor zweieinhalb Jahren gegründet. Damals wollte ich ganz flache Strukturen haben, damit das wirklich eine gemeinschaftliche Sache wird. Ich dachte, dadurch hat jeder die Möglichkeit, sich wirklich einzubringen und hat genauso wie ich tausend Ideen, die wir dann gemeinsam umsetzen können. Es hat sich aber ziemlich schnell gezeigt, dass nur ein Bruchteil der Teilnehmerinnen und Teilnehmer Lust auf diese Art von Verantwortung hatte. Die Hierarchie half neue Studierende einzuarbeiten und ihnen eine Orientierungshilfe zu geben. In der Entscheidungsfindung haben wir aber stets flache Strukturen angestrebt und damit alle Teilnehmer mit der großen Vision von Plant a Seed verbinden können.
Thomas F. Hofmann Es gibt viele junge Menschen, die sagen: Ich strebe eine große Autonomie im Beruf an, weil sie mir Handlungsfreiheit und damit Motivation gibt. Weil ich mich selber und meine Ideen verwirklichen kann. Aber jeder, der so frei agieren will, der muss auch Verantwortung für das übernehmen, was er oder sie tut. Das gilt auch bei uns an der Universität. Wir arbeiten jetzt viel in crossfunktionalen Teams gemeinsam an komplexen Szenarien und suchen in einem team approach nach Lösungen. Das ist für viele noch ungewohnt. Ich glaube dennoch, dass jede Unternehmung erfolgreicher ist, wenn alle mit gemeinsamem Geist daran mitarbeiten. Das setzt auch ein agileres Arbeiten voraus, das wir bei der Studierendenausbildung stärker berücksichtigen müssen. Die jungen Menschen müssen sich bereits während ihres Studiums selbstständig entwickeln können und erleben, wie viele Freude und Motivation es mit sich bringt, agil, kooperativ und lernfähig zu bleiben und immer wieder etwas Neues zu machen
Christoph Dietrich Ich finde eine unternehmerische Einstellung unserer Mitarbeiter sehr wertvoll. Dass sie nicht nur das Produkt, sondern das ganze Unternehmen sehen und bereit sind, selbst Entscheidungen zu treffen. Dass sie zum Beispiel überlegen: Lohnt es sich, ein neues Messgerät zu kaufen, weil ich mir damit Zeit spare? Oder: Muss es unbedingt dieser Tastkopf sein, der hochfrequent abtastet, oder kann es auch der günstigere sein? So eine Entscheidung kann eigentlich jeder selbst treffen. Man muss sich nur trauen.
Neugierde und soziale Kompetenz
Christoph Dietrich Ja, die richtigen Fragen zu stellen, das ist auch etwas, was eine Universität lehren kann. Also die Studierenden anzuregen, Verbesserungsvorschläge einzubringen, Feedback zu geben, zu kommunizieren, wenn es nicht gut läuft, weil sich nur dann etwas ändern kann. Und zwar nicht nur in Richtung eines Produktes, sondern auch in Hinblick auf das Miteinander, auf die Art zu arbeiten, auf die Organisationsstrukturen. Das brauchen wir in den Unternehmen.
Julius Wenzler Die richtigen Fragen zu stellen, kann man aber nicht allein in der theoretischen Form lernen, beispielsweise in einer Vorlesung. Vielmehr hilft es, in einem Projekt ins kalte Wasser geschmissen werden und sich selbst auszuprobieren. Das Ganze muss explorativ sein mit offenem Ausgang. Dabei darf es zunächst um nichts gehen, anders als im Beruf, wo man diese Flexibilität nicht mehr hat. Studierende sollten dazu bewegt werden, andere Fachrichtungen kennenzulernen, neue Leute, mit denen zusammen sie etwas auf die Beine stellen können.
Zied Jaber Ich würde in diesem Zusammenhang auch lieber in Workshops denken als in Vorträgen. Wir müssen mehr machen als Bücher zu lesen. Wenn ich beispielsweise in einer Studierendeninitiative erfahre, wie Nachhaltigkeit konkret umgesetzt wird, lerne ich mehr, als wenn ich darüber auf 500 Seiten lesen soll.
Tina Ruseva Die Teilnahme an solchen Initiativen sollten aber freiwillig sein. Auch im Studium ist Autonomie wichtig.
Veronica Becker Ja, aber Freiwilligkeit bedeutet auch, dass alle, die wollen, die Möglichkeit haben, daran teilzunehmen. Wenn ich neben dem Studium noch arbeiten muss oder durch das Studium so viel zu tun habe, dass ich gar keine Zeit habe für solche zusätzlichen studentischen Projekte, dann habe ich diese Möglichkeit nicht.
Thomas F. Hofmann Daran arbeiten wir tatsächlich gerade. In diesem Wintersemester laufen die ersten Piloten von unseren Projektwochen. Die Idee ist, dass in jedem Semesterprojekt, Wochen vorgesehen sind, in denen Teams von Studierenden über die fachlichen Grenzen hinweg an einer Challenge arbeiten. Die Projektwochen werden so gesteuert, dass sie zur gleichen Zeit stattfinden und zwar an der gesamten TUM. Dann kann es nicht mehr passieren, dass der Physiker, mit dem man gerne zusammenarbeiten würde, sagt: Diese Woche kann ich nicht, da habe ich mein Praktikum. Und der andere hat in der Woche darauf keine Zeit. Wir brauchen eine Periode im Semester, in der die gesamte Universität Projektwochen hat. Und damit das Bauen von Teams über die Grenzen von Studiengängen hinweg leichter möglich wird.
Christoph Starnecker studiert Informatik im 6. Semester Das finde ich spannend. Wir kommen bei den IKOM Karriereforen ja mit vielen Unternehmen in Kontakt. Viele Firmen wünschen sich neben fachlichen Kenntnissen vor allem auch überfachliche Qualifikationen wie Kommunikationstalent, einen ausgeprägten Teamgeist oder ein Verständnis für die finanziellen Grundlagen einer fachlichen Entscheidung. Das wird immer wichtiger, das spiegelt sich auch in den Anforderungsprofilen von Unternehmen aller Branchen wieder. Aber gleichzeitig wird diesen Themen im Curriculum nicht so viel Zeit eingeräumt, um die Softskills auch in der Praxis erlernen zu können. Wenn die Universität ihre Studierenden auf die Arbeitswelt vorbereiten will, sollte das einen etwas größeren Teil einnehmen.
Thomas F. Hofmann Ich glaube sogar, einen wesentlich größeren Teil. Denn in einer langen Berufskarriere von vielleicht dreißig oder vierzig Jahren sind das am Ende die Fähigkeiten, die man immer wieder braucht – egal in welcher Industrie, egal in welchem Unternehmen. Die fachlichen Ansprüche ändern sich ständig. Auch gilt es, up-to-date bleiben. Aber zum Beispiel die Fähigkeit komplexe Sachverhalte in drei Minuten zu pitchen, die ist zentral dafür, dass man Projektpartner und Geldgeber überzeugen und Projekte erfolgreich umsetzen kann. Oder zum Beispiel auch die Fähigkeit ethische Überlegungen in seine Projekte einfließen zu lassen. Das ist heute schon wichtig und wird in der Zukunft noch mehr an Bedeutung gewinnen bei der Entwicklung vertrauenswürdiger Innovationen. Es ist einfach eine sehr spannende und entwicklungsreiche Zeit, in der wir leben. Wir als Universität dürfen da auch nicht stehen bleiben, sondern müssen uns neu aufstellen – auch in der Lehre.
Interdisziplinarität und Vielfalt
Thomas F. Hofmann Wenn ich mir meinen eigenen Studiengang vor 30 Jahren ansehe, dann haben wir in der Chemie Hunderte von Strukturformeln auswendig gelernt. Heute erhalten Sie solche Informationen zu jederzeit und von überall digital. Die Welt hat sich geändert. Heute kommt es auf andere Dinge an, wie zum Beispiel auf die Synthese von Informationen. Wir müssen auch mehr am praktischen Beispiel lernen, indem wir mit Expertinnen und Experten unterschiedlicher Kompetenzen und Hintergründe in einem Team zusammenarbeiten. Wir sind an einem Wendepunkt, den moderne Universitäten klug nutzen, um sich in der Lehre neu aufzustellen.
Veronica Becker Früher gab es die Theoretiker auf der einen und die Praktiker auf der anderen Seite.
Thomas F. Hofmann Ich bin der Meinung, dass wir als Universität eine Breite an Talenten finden müssen und die Studierenden unterstützen sollten, ihre spezifischen Begabungen voll zur Entfaltung zu bringen. Wir schaffen einen Blumenstrauß an Optionen: Für die Gründeraffinen genauso wie für die reinen Theoretiker oder für diejenigen, die industrienah arbeiten wollen. Zum Beispiel unser Programm „TUM Entrepreneurial Masterclass“ ist sehr erfolgreich, auch wenn es sich nur um eine kleine Gruppe von Studierenden handelt, aber die nehmen dabei für sich viel mit. Ich finde, eine Universität mit einer weltweiten Ambition braucht eben Tiefe und Breite. Daran wollen wir uns messen lassen.
Tina Ruseva Nur an den Schnittstellen zwischen vielen verschiedenen Disziplinen wird man besser. Aus dieser Vielfalt entstehen Innovationen.
Thomas F. Hofmann Genau.
Individuelle Stärken und Sinnhaftigkeit
Thomas F. Hofmann Da haben Sie recht. Aber wir können bei allen Studierenden fördern, dass sie in solchen Projekten Handlungsfähigkeit entwickeln, ihre eigenen Fähigkeiten und Stärken kennenlernen. Denn diesen Mindset brauchen alle im späteren Berufsleben, ob sie Unternehmerin oder Entrepreneur, Wissenschaftlerin oder Ingenieur, ob sie Ärztin oder Lehrer werden.
Christoph Dietrich Genau. Ich würde mir das von zukünftigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern wünschen, dass sie gelernt haben, über den eigenen Tellerrand hinausschauen und selbstständig Entscheidungen treffen können. Aber auch gemeinsam im Team arbeiten können und alle ihre spezifischen Rollen erfüllen. Letztendlich ist das Team nur komplett, wenn alle voll dabei sind, welche Rolle auch immer sie haben, ob im Controlling, der Organisation oder Entwicklung.
Christoph Starnecker Ich sehe da noch weitreichenderen Effekt, wenn die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sich in die Unternehmen mehr einbringen können. Es werden womöglich stärker Themen in den Unternehmen berücksichtigt, die für die Gesellschaft wichtig sind, wie zum Beispiel Nachhaltigkeitsaspekte. Es wird in der Industrie zwar immer um Profitabilität gehen, so ist unsere Marktwirtschaft einfach ausgerichtet, aber umso mehr Menschen ihre Meinungen einbringen können, desto mehr haben gesellschaftlich relevante Themen die Chance zum Beispiel bei der Produktentwicklung, aber auch in der Arbeitswelt eines Unternehmens berücksichtigt zu werden.
Veronica Becker Das ist wohl einer der wichtigsten Faktoren für junge Menschen heute bei der Jobsuche: Verleiht die Arbeit meinem Leben Sinn? Stehe ich mit meinen Überzeugungen dahinter? Ich koordiniere an der TUM gerade innovative Projektwochen – den so genannten EuroTeQ Collider. Dort kommen Studierende, Azubis und Akteure aus Gesellschaft und Industrie zusammen, um konkrete Lösungsansätze für gesellschaftliche Probleme zu erarbeiten. Aktuell beschäftigen wir uns mit einem nachhaltigen Thema: „Leave no waste behind.“ Das kommt bei den Studierenden wahnsinnig gut an. Unter anderem deswegen, weil sie ihre eigenen Ideen einbringen können und weil der Sinn hinter dem Projekt sehr klar erkennbar ist.
Thomas F. Hofmann Gerade für die junge Generation scheint es zentral zu sein, diesen Sinn bei der Arbeit zu finden. Man nennt sie ja deswegen die „Purpose Generation“. Die jungen Männer und Frauen wissen, welche Werte ihnen wichtig sind. Sie wollen sich in der Arbeit verwirklichen und einem Sinn zuarbeiten. Diese Einstellung macht mich zu einem großen Fan dieser Generation. Viele von Ihnen setzen sich mit ganzer Kraft für das ein, was Ihnen wichtig ist.
Christoph Dietrich Wir haben vor kurzem einmal unsere Mitarbeiter gefragt, warum sie bei uns angefangen haben. Neben dem Grund, dass sie einen Beitrag zur nachhaltigen Energieversorgung leisten wollen, haben viele geantwortet, dass sie gekommen sind, weil sie mit uns eine neue Technologie schaffen können, die es bisher in Europa noch nicht gibt. Weil sie in diesem Sinne Vorreiter sein können. Das motiviert viele unserer Ingenieurinnen und Ingenieure. Deshalb sind sie bei uns.
Tina Ruseva Bei dem Thema Nachhaltigkeit denken wir immer an neue Technologien, wir vergessen aber, dass wir viele Lösungen schon haben, aber nicht zielgerichtet einsetzen. Auch das sollte ein Ziel der neuen Arbeitswelt sein, dafür Prozesse zu entwickeln.
Thomas F. Hofmann Meiner Meinung nach wird der Erfolg eines Unternehmens zukünftig neben ökonomischen auch durch ökologische und soziale Aspekte bestimmt sein. Deswegen sind für unsere Universität die TUM School of Social Sciences and Technology und die Hochschule für Politik so wichtig.
Netzwerke und Vorbilder
Thomas F. Hofmann Transformation am eigenen Beispiel. Unbedingt. Die neue Generation hat eine Zielvorstellung, welche Werte für sie wichtig sind. Wir an der Universität müssen hier ansetzen und die junge Generation zu Antennen machen für den Transformationsprozess. Wir wollen sie nicht nur gut ausbilden für ihre Karriere, sondern dass sie die Universität selbst als Vorbild und als Vordenker erleben. Ich bin davon überzeugt, dass Studierende zukünftig präferiert an Universitäten gehen werden, die genau das vorleben. Wir müssen selbst durch eine Transformation gehen, angefangen damit, wie wir mit unseren Ressourcen umgehen sei es bei der Planung von Gebäuden oder der Weiterbildung unserer Mitarbeitenden.
Tina Ruseva Bei der persönlichen Orientierung sind Vorbilder sehr wichtig. Deswegen engagiere ich mich schon seit vielen Jahren als Mentorin. Dabei kann ganz viel informelles Wissen weitergegeben werden. Studierende erhalten so Input. Das geht zum Beispiel auch, indem man jemandem bei seiner Arbeit zusieht, zum Beispiel einem Physiker, wenn man etwas über physikalische Methoden lernen will. Die Amerikaner nennen das „Sticky Knowledge“, also das Wissen, das an den Menschen klebt, das sich nicht niederschreiben lässt und das man sich am besten im 1:1-Austausch holt. Die TUM ist so eine riesige Uni mit einer so großen Gemeinschaft. Da wäre es schade, wenn man das Wissen der einzelnen Mitglieder nicht nutzen würde. Als Gemeinschaft kann man die einzelnen Probleme doch einfach noch besser lösen.
Die Universität als Wegbereiter
Thomas F. Hofmann Wir hatten im Oktober den ersten TUM Sustainability Day und haben unsere TUM Sustainable Futures Strategy 2030 veröffentlicht. Sie ist mit einem partizipativen Ansatz entstanden, der über 3.000 Studierende, Mitarbeitende, die Professorenschaft und Partner in allen möglichen Bereichen eingebunden hat. Wir werden nun gemeinsam an die Umsetzung der Nachhaltigkeitsstrategie gehen und wie Sie sagen alle dabei voneinander lernen. Ich bin vom Ergebnis bislang sehr begeistert. Wir haben viel vor.
Tina Ruseva Bottom up, das ist für mich wirklich New Work.
Veronica Becker Manche meiner Kommilitoninnen und Kommilitonen wussten während ihres Studiums noch nicht, was sie genau antreibt und was sie später machen wollen. Ihnen hat es geholfen, sich in studentischen Initiativen oder anderen Projekte an der TUM mit verschiedenen Themen zu beschäftigen.
Thomas F. Hofmann Man muss herausfinden, für was sich die Studierenden begeistern, welche Talente sie haben, wo sie Input brauchen. Dort müssen wir unterstützen und die Studierenden weiterbringen. Ich verstehe die Universität als „Enabler“. Die TUM gibt ihren Studierenden keine engen Pfade vor, aber wir schaffen Möglichkeitsräume, entfachen Begeisterung, geben den jungen Menschen ein lebenslanges Netzwerk mit auf ihren individuellen Lebensweg. Wir unterstützen unsere Studierenden dabei, ihr persönliches Ziel, ihren Lebenssinn, ihre ganz eigene Motivation zu finden. Das ist unsere Aufgabe als Universität.