„Danke für die exzellente Ingenieursausbildung“
Obwohl sie noch in der anspruchsvollen Ausbildung der Luftwaffenakademie steckte, zögerte Samantha Cristoforetti keinen Augenblick, als die Europäische Raumfahrtbehörde ein Auswahlverfahren für Nachwuchsastronauten bekannt gab. Über ein Jahr dauerte der harte Bewerbungsprozess, der ihr viel Geduld, Durchhalte- und Durchsetzungsvermögen abverlangte. In umfangreicher Weise, fachlich, medizinisch, psychologisch, wurde ihre Eignung zur Verwirklichung ihres so zielstrebig verfolgten Karriereziels geprüft.
INGENIEURWISSEN FÜR DEN WELTRAUM
Wie sich Samantha Cristoforetti erinnert, war es für sie als damals Dreißigjährige sehr von Vorteil, dass sie fünf Sprachen fließend sprechen und durch ihre Erfahrung als Pilotin bereits auf über fünfhundert Flugstunden in sechs verschiedenen Kampfflugzeugen zurückblicken konnte. Einen entscheidenden Vorteil gegenüber ihren Mitbewerbern hat ihr vor allem auch die von der TUM mit auf den Weg gegebene fachliche Expertise in der Luft- und Raumfahrttechnik gebracht. Durch die Perspektive der ausgebildeten Ingenieurin war die intensive Beschäftigung mit den technischen Systemen der internationalen Raumstation und der Raumschiffe für Samantha Cristoforetti gewissermaßen ein Heimspiel. Ohnehin habe sie nur positive Erinnerungen an ihre Studienzeit an der TUM, an ihre langjährige Tätigkeit in der Fachschaft, ihr gemütliches Zimmer im Garchinger Studentenwohnheim und den schönen Englischen Garten.
Schließlich konnte sich Samantha Cristoforetti gegen mehr als 8.400 Bewerber durchsetzen und wurde 2009 mit fünf anderen Europäern für das Europäische Astronautenkorps ausgewählt. Kaum hatte sie ihre Grundausbildung am Europäischen Astronautenzentrum in Köln absolviert, wurde sie von der italienischen Raumfahrtagentur ASI für die Mission Futura als Bordingenieurin für die 42. Langzeitbesatzung der ISS vorgeschlagen.
REKORD BEIM ERSTEN FLUG INS ALL
Insgesamt fünf Jahre lang bereitete sie sich auf ihre erste Raumfahrtmission vor. Sie lernte die Sojus-Raumfahrzeuge fliegen, arbeitete sich in die Raumstationssysteme, die Robotersteuerung und die Außenbordeinsätze ein. Nach einer zweiwöchigen Quarantäne startete sie schließlich vom Kosmodrom Baikonur in Kasachstan aus ihren Flug zum internationalen Weltraumlabor. Damit, dass sie mit ihrem ersten Flug ins All gleich mehrere Rekorde brechen würde, hat Samantha Cristoforetti nicht gerechnet. Da sich nach dem Absturz eines russischen Raumfrachters unvorhergesehen ihr Heimflug verschob, hat sich ihr Aufenthalt in 400 Kilometer Höhe auf knapp 200 Tage ausgedehnt. Samantha Cristoforetti wurde somit Rekordhalterin für Langzeitflüge von Frauen im Weltall und für den längsten ununterbrochenen Weltraumflug europäischer Astronauten.
Samantha Cristoforetti war darüber hinaus nicht nur die erste Italienerin, sondern auch die erste TUM-Alumna im All. Den jungen Studierenden ihrer Alma Mater rät sie das, was sie mit der Verwirklichung ihres Kindheitstraumes bewiesen hat: sich auf ein großes Ziel fokussieren zu können – auch, wenn dieses noch in der fernen Zukunft liegt. „Das ist eigentlich das Beste, was junge Menschen für sich selbst tun können“, so Cristoforetti; „dass sie sich ein bisschen Zeit nehmen und eine Vision finden, auf die sie hinarbeiten“.
Samantha Cristoforetti
Diplom Luft- und Raumfahrttechnik 2001
Von 1996 bis 2001 studierte Samantha Cristoforetti Maschinenbau mit Schwerpunkt Antriebe und Leichtbaustrukturen in der Luft- und Raumfahrt-Antrieb an der TUM. Im Rahmen des ERASMUS-Förderprogramms der Europäischen Union studierte sie auch an der Ecole Nationale Supérieure de l’Aéronautique et de l’Espace in Toulouse und an der Mendeleev Universität für Chemische Technik in Moskau.
Ihr Zweitstudium der Luftfahrtwissenschaften schloss sie 2005 an der Universität Neapel Federico II ab. In den Jahren von 2001 bis 2005 wurde sie an der Luftwaffenakademie Pozzuoli zur Pilotin der italienischen Luftwaffe ausgebildet, in deren Dienst sie bis 2009 stand. 2006 wurde sie an der Sheppard Air Force Base zur Kampfpilotin ausgebildet. 2009 wurde sie für das Astronautenkorps der European Space Agency (ESA) rekrutiert, 2014 folgte ihre erste Weltraummission als Bordingenieurin der ISS-Expeditionen 42 und 43.
Samantha Cristoforetti ist Trägerin des Verdienstordens der Italienischen Republik. Sie spricht fünf Sprachen fließend, lernt neben ihrer Muttersprache Italienisch und Deutsch, Englisch, Französisch und Russisch nun auch Chinesisch als sechste Sprache.
In ihrer knappen Freizeit begeistert sie sich für Tauchen, Yoga und Höhlenforschung. Samantha Cristoforetti ist leidenschaftliche Leserin von Science-Fiction Roman, schreibt für ihre Fans ein Internet-Logbuch und hält als @astrosamantha Tausende von Followern auf twitter auf dem Laufenden.