Nadine Haas, Doppelmayr, Bundesgartenschau

TUM Alumna Nadine Haas entwickelt für die österreichische Firma Doppelmayr Seilbahnen. (Bild: Doppelmayr).

Alumni für Nachhaltigkeit

Seilbahningenieurin Nadine Haas

„Seilbahnen gehören für mich zu einer nachhaltigen Zukunft”
14. Jun 2024  |  
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Für die Bundesgartenschau 2023 in Mannheim plante, baute und betrieb Nadine Haas als Mitarbeiterin der Firma Doppelmayr eine Seilbahn und löste damit eine kleine Welle der Euphorie aus. Diese möchte die TUM Alumna jetzt weiter tragen, denn die Welt braucht nachhaltige Verkehrsmittel.
Es gibt da so einen Spruch in der Branche, in der Nadine Haas arbeitet: „Einmal Seilbahnler, immer Seilbahnler”. Diejenigen, die es einmal erwischt hat, die bleiben. Nadine Haas weiß genau, wie es bei ihr passiert ist. Es war im Jahr 2015, auf 3.869 Metern über dem Meeresspiegel, in der höchstgelegenen Stadt der Welt: La Paz in Bolivien. Nach ihrem Auslandssemester an der TUM-Partneruni in Valparaíso, einer Hafenstadt in Chile, ging es für Nadine Haas nicht gleich zurück, sondern erstmal noch auf Reisen durch Südamerika, unter anderem nach La Paz.

Natürlich waren Seilbahnen schon vor dieser Reise ein Begriff für die angehende Ingenieurin. In den Bergen beim Skifahren, da waren sie früher ein regelmäßiger Begleiter. Auch in den Vorlesungen während ihres Studiums kamen sie immer wieder vor. Seilbahnen zu konstruieren, das sei so richtig klassischer mechanischer Maschinenbau, sagt Nadine Haas: „Man sieht was passiert, wie alles funktioniert, das ist die Art von Maschine, die mich fasziniert.” Aber in La Paz kam zum ersten Mal eine große Erkenntnis dazu.

Vom Auslandsstudium zum Traumjob

Nadine Haas kam wie sie sagt als „ahnungsloser Tourist” nach La Paz und entdeckte, dass Seilbahnen hier nicht einfach als Sessellift für Skigebiete eingesetzt werden, sondern als vollwertige öffentliche Verkehrsmittel, wie anderswo Bus, Tram- und U-Bahnen. La Paz liegt hoch und hügelig in den Anden und hat viele steile und enge Straßen, ein öffentliches Liniennetz aus Seilbahnen bietet sich hier deshalb an. 2014 baute die österreichische Firma Doppelmayr Seilbahnen GmbH die ersten drei Seilbahnen in der bolivianischen Hauptstadt, ein Jahr später stieg Nadine Haas in alle drei ein und verliebte sich.

„Diese Anwendung von Seilbahnen in Städten hat mich meinen ganzen Master über in meinem Hinterkopf beschäftigt”, sagt Nadine Haas. Also machte sie ein Praktikum beim Seilbahnbauer Leitner, arbeitete sich in die Konstruktion und Planung von Seilbahnanlagen ein, schrieb ihre Masterarbeit beim Maschinenbaukonzern MAN und bewarb sich bei Doppelmayr – für eine Stelle, die gar nicht ausgeschrieben war. „Ich wollte es probieren, weil es mich gestört hätte, wenn ich diese Chance verpasst hätte. Über einen Plan B habe ich zu diesem Zeitpunkt nicht nachgedacht”, sagt Nadine Haas.

Man sieht was passiert, wie alles funktioniert, das ist die Art von Maschine, die mich fasziniert.

Nadine Haas

Eine Seilbahn sorgt für Euphorie

Musste sie auch nicht. Mittlerweile gibt es in La Paz zehn Gondelstrecken und die TUM Alumna arbeitet als Ingenieurin bei Doppelmayr. Während ihres Bachelor- und Masterstudiums engagierte sich Nadine Haas viel in der Fachschaft, übte sich in Kommunikation, Projektmanagement und Teamarbeit. „Das hat mich nachhaltig auf meinen Beruf vorbereitet, da bin ich überzeugt davon“, sagt sie heute. Bei Doppelmayr versucht sie die südamerikanische Begeisterung für Seilbahnen als effiziente und nachhaltige Verkehrsmittel auch nach Europa zu tragen. „Die Seilbahn ist ein sehr umweltfreundliches, leises und sicheres Verkehrsmittel, das wenig versiegelte Fläche braucht und trotzdem viele Personen befördern und Hindernisse überwinden kann”, sagt Nadine Haas.

Beweisen konnte sie das unter anderem 2023 bei der Bundesgartenschau in Mannheim. Als Projektleiterin verantwortete sie eine Seilbahn mit 64 Kabinen, die die drei Millionen Fahrgäste über den Neckar von einer Ausstellungsfläche zur anderen brachte. Von der Ausschreibung über die Genehmigung bis hin zur Ausarbeitung, dem Bau, dem Betrieb und dem Abbau verbrachte Nadine Haas mehr als drei Jahre mit dem Projekt. „Ich kenne jedes Detail, jeden Stein und jede Schraube”, sagt Nadine Haas heute.

Nach der Bundesgartenschau wurde die Seilbahn wieder abgebaut, aber sie hat eine große Begeisterung hinterlassen. „In Mannheim spüre ich, dass die Bevölkerung bereit ist für eine Seilbahn als Verkehrsmittel“, sagt Nadine Haas. „In der Region ist wirklich eine Euphorie entstanden. Dort wird jetzt untersucht, ob Seilbahnlinien dauerhaft umgesetzt werden können.”

Nadine Haas, Seilbahnen, VRN

Nadine Haas will Seilbahnen als Verkehrsmittel nach Europa bringen. Das Foto zeigt sie, wie sie einen Vortrag im Rahmen des Seilbahntages hält, den der Verkehrsverbund Rhein-Neckar während der BUGA organisierte.

Die Seilbahn als zukünftiges Element des öffentlichen Nahverkehrs – das wünscht sich die TUM Alumna auch für den Rest Deutschlands und Europas. „Ich merke, dass sich immer mehr Menschen ernsthaft mit dem Thema Seilbahn als Verkehrsmittel beschäftigen. Ich bin davon überzeugt, dass Seilbahnen auch in Europa als Verkehrsmittel kommen werden”, sagt Nadine Haas, auch wenn es in Deutschland bis zur Umsetzung vielleicht noch ein paar Jahre dauern wird, bis alle bürokratischen Hürden gemeistert sind. Dort hat das Bundesverkehrsministerium erst Ende 2022 einen Leitfaden für „Urbane Seilbahnen im öffentlichen Nahverkehr” herausgebracht, in Frankreich gibt es so etwas schon seit einem Jahrzehnt.

Nadine Haas weiß, dass die Seilbahn nicht immer die perfekte Lösung ist, manchmal sind U-Bahnen, Busse, Tram- oder S-Bahnen besser, weil man mehr Haltestellen abdecken will, eine größere Förderleistung benötigt oder andere Anforderungen erfüllen muss. Aber für das Klima, für unsere Nachkommen, für die Zukunft brauche man nun mal eine umweltfreundliche Mobilität, sagt die TUM Alumna. Und dafür sei es wichtig alle Möglichkeiten auszuschöpfen und verschiedene nachhaltige Verkehrsmittel miteinander zu kombinieren. Die Städte würden immer größer, der Mobilitätsbedarf steige immer mehr. Das sei Lebensqualität, um die es da ginge, sagt Nadine Haas. „Die Zeit ist jetzt und der Schlüssel liegt darin, nachhaltige, gesamtheitliche und multimodale Verkehrskonzepte aufzustellen – da gehört die Seilbahn einfach dazu.”

Nadine Haas, TUM Alumna

Nadine Haas (Bild: Doppelmayr)

Nadine Haas

Bachelor Maschinenbau & Management 2015, Master Maschinenwesen 2018

Für das Studium an der TUM entschied sich Nadine Haas damals, weil ihr die Mischung aus Management und Maschinenbau gut gefiel. Sie engagierte sich viel in der Fachschaft Maschinenwesen und war 2017 Mentee im TUM Mentoring Programm von Alumni für Studierende. Im selben Jahr bekam sie außerdem das Deutschlandstipendium der TUM.

Nadine Haas arbeitet beim österreichischen Seilbahnbauer Doppelmayr als Projektingenieurin für Deutschland, Österreich und die Benelux-Länder. Neben der Projektierung von Bergbahnen für Skigebiete und touristische Anlagen, ist sie dort für die Entwicklung von urbanen Seilbahnen als Verkehrsmittel in Städten zuständig.

Für die Bundesgartenschau 2023 (BUGA) in Mannheim plante, entwickelte und verantwortete Nadine Haas als Projektleiterin den Bau und Betrieb einer Seilbahn mit 64 Kabinen, die die beiden Ausstellungsgelände – Spinellipark und Luisenpark – während der BUGA miteinander verband. Die Kabinen waren für zehn Personen ausgelegt, innerhalb von sieben bis acht Minuten konnten so pro Stunde und Richtung bis zu 2.800 Personen transportiert werden.