Wenn Leonie Wagner vor einem Problem steht, dann macht sie genau das: Sie überlegt, wie sie es lösen kann: „Mathe und Technik haben mir schon immer Spaß gemacht, also war das naheliegend“. Weil ihr jeder vom Mathematik-Studium abriet, suchte sie weiter im Bereich der Physik und stieß auf einen Vorkurs in Würzburg. Er gefiel ihr gut, und so ging die Nürnbergerin zum Physik-Studium an die Friedrich-Alexander-Universität in ihrer Heimatstadt, wo sie gelernt habe zu denken und zu rechnen, vor allem aber, „wie man eine ganz große Frustrationsgrenze aufbaut, wie man dranbleibt, nicht aufgibt.“
HERAUSFORDERUNG CORONA
Auch sie gab nicht auf, als sie im anschließenden Masterstudium erst einmal alleine vor dem Computer saß. Sie hatte sich für den Studiengang „Robotics, Cognition and Intelligence“ an der TUM entschieden und war im April 2020 nach München gezogen. Aber mit einer neuen Corona-Welle war Präsenzunterricht erst einmal nicht möglich, und der Unterricht fand in der Home-Version komplett online statt. „Auch die Studierenden-Begrüßung war ein Zoom-Call“, erinnert sie sich. Aber Leonie Wagner wusste sich zu helfen: Zusammen mit ihrer Freundin sei sie die Bild-Kacheln durchgegangen und habe diejenigen Personen angeschrieben, die ihnen nett erschienen. Sie hätten sich dann in kleineren Gruppen getroffen und so einen Freundeskreis gebildet, der bis heute bestünde.
Dass sie dabei als junge Frau eher eine von wenigen war, das habe sie nie gestört: „Ich hatte nie ein Problem, mit vielen Männern zusammenzuarbeiten“, sagt sie, „weil ich es schon immer gewohnt war.“ Im Gegenteil – Leonie Wagner findet es total wichtig, dass auch Frauen in den MINT-Bereichen tätig sind, und unterstützt schon jetzt den Nachwuchs: „Es müssen viel mehr Frauen nachkommen.“
„Ich habe ganz lange nicht gecheckt, dass es cool ist, sich für Mathe und Naturwissenschaften zu interessieren.“
FÜR DIE MASTERARBEIT NACH STANFORD
Einmal in die USA zu gehen und das dortige Uni-Leben zu erleben, das war auch ein Traum der Studentin gewesen. Die Pandemie während ihres Studiums aber verhinderte erst einmal einen Auslandsaufenthalt. Als Leonie Wagner über die weitere Planung ihres Masterstudiums nachdachte, merkte sie: Die Masterarbeit würde die letzte Chance für ein Studium außerhalb Deutschlands sein. Und dachte: „Was soll passieren, wenn’s schiefgeht? Ich bin noch so jung.“
Durch einen Zufall erfuhr sie vom Zusatzprogramm des an die TUM angegliederten Center for Digital Technology and Management (CDTM), ergatterte sie einen der begehrten Plätze und konnte sich über das CDTM für die renommierte Stanford University bewerben. Masterstudium, Add-On-Studienprogramm und Masterarbeit im Ausland – das alles klingt nicht nur, sondern sei viel Arbeit gewesen: „Es war nicht immer leicht und es hat nicht immer Spaß gemacht, das muss man ehrlich sagen, aber es hat sich am Ende auf jeden Fall ausgezahlt und es war auch richtig cool!“
Besonders das Mindset der nordamerikanischen Studierenden habe sie beeindruckt, diese Haltung: „Wir verändern die Welt und wollen etwas tun, das nachhaltig die Welt verändert.“ Die nahm Leonie Wagner mit zurück nach Europa, wo sie nach einem kurzem Zwischenstopp in München und den Master-Abschluss an der TUM im Januar 2024 bei einem Start-up in Zürich anfing: Dort kümmert sie sich nun als AI Researcher und Software Engineer um die Aus- und Weiterwertung von Wetterdaten, um Prognosen für den Energiemarkt machen: Es geht darum, anhand von vorhandenen Daten und Machine Learning (und nicht wie bisher über theoretische Berechnungen) vorherzusagen, wie viel Wind- oder Solarenergie etwa in den kommenden Tagen produziert werde, um die Versorgung zu garantieren und Preise zu bestimmen. Ein Zukunftsfeld, wo es viele Probleme gibt und Lösungen gefunden werden müssen. Genau das Richtige für Leonie Wagner.
Master Robotics, Cognition and Intelligence 2024
Leonie Wagner hat zunächst ihren Bachelor Physics an der Friedrich-Alexander-Universität in Erlangen-Nürnberg gemacht und im Anschluss im Masterstudiengang „Robotics, Cognition and Intelligence“ an der TUM studiert.
Für die Masterarbeit ging sie an die Stanford University und war dort Visiting Student Researcher, bevor sie als Praktikantin bei Google X, the moonshot factory im Silicon Valley tätig war.
Nach einer kurzen Pause in München setzt sie nun ihre junge Karriere als AI researcher in Zürich bei einem Start-up fort. In ihrer Freizeit liebt sie es, in die Berge zu gehen, Ski zu fahren, zu wandern und Sport zu machen – am liebsten am oder im Wasser.