Praktische Erfahrung für die Forschung
Als die Bayerische Flurbereinigungsverwaltung an der TUM den Stiftungslehrstuhl für Flurbereinigung und ländliche Neuordnung ins Leben rief, um dort endlich selbständige wissenschaftliche Forschung zu ermöglichen, versetzte sie den jungen Ingenieur Holger Magel von der Flurbereinigungsdirektion München dorthin. Bereits für sein kurz zuvor abgeschlossenes erstes Projekt im Landkreis Erding hatte er den Staatspreis erhalten und sollte nun die Forschung des neuen Lehrstuhls durch seine praktische Erfahrung mit in die richtige Richtung lenken.
Flurbereinigung wird naturverträglich und partizipativ
Holger Magel baute nach dem frühen Tod des Ordinarius nicht nur den Lehrstuhl auf, sondern leitete das erste große bundesdeutsche Forschungsvorhaben zur Dorferneuerung, das Grundlage für den Dorferneuerungsboom in Bayern und Deutschland werden sollte. Als frisch berufener Chef der Dorferneuerung im Landwirtschaftsministerium erlebte Magel den Glücksfall, dass er seine eigene Theorien in die Praxis, und zwar für ganz Bayern, umsetzen konnte. Beeinflusst von Gesprächen mit den TUM-Professoren Wolfgang Haber, Günther Grzimek und Helmut Gebhard revolutionierte Magel auch die Praxis der Flurbereinigung.
Wieder war es ein Modell, nämlich die gemeinsam mit Haber-Schüler Fritz Auweck entwickelte „dreistufige Landschaftsplanung“, die Magel bayernweit in die Praxis umsetzen konnte – und das mit großem Erfolg: die Kritik von Natur- und Vogelschutz sowie Heimat- und Denkmalpflegern verstummte schlagartig. Die erstmalig in Deutschland eingesetzten wissenschaftlichen Methoden der ästhetischen und ökologischen Bilanz überzeugten selbst ausgewiesene Kritiker. Seitdem schwört Magel auf den Satz: „Nichts ist praktischer als eine gute Theorie.“
Wer souverän ist, lässt auch andere Meinungen zu.
Nicht zuletzt, da er hierbei auch stets auf die aktive Beteiligung der Dorfbewohner setzte. Nur wenn auch diese die Vorzüge des eigenen Lebens im ländlichen Raum genügend zu schätzen wissen und an deren Verbesserung mitwirken dürfen, sieht Holger Magel sein Ziel erreicht. „Miteinander“ und nicht „von oben herab“ will er Dörfer sanieren und das dörfliche Leben erhalten und erneuern. Um diese gewünschte Partizipation methodisch auf sichere Beine zu stellen, hat Magel nicht nur intensive praxisorientierte Forschung betrieben, sondern auch die drei bayerischen Schulen der Dorferneuerung und Landentwicklung ins Leben gerufen.
Für eine gerechtere Welt
1998 kehrte Holger Magel wieder zurück an die TUM und lehrte, forschte und beriet immer breiter und weiter. Sein Interesse erstreckte sich nun auf „Land Management in urban and rural areas“ – so der Name des von ihm gegründeten und in Deutschland einmaligen Studiengangs – , auf den gesamten ländlichen Raum und dessen Interdependenz zu städtischen Räumen. Magel bildete Masterstudenten aus aller Welt aus und predigte als „Weltpräsident aller Geometer“ und Präsident der Bayerischen Akademie Ländlicher Raum die Botschaft einer gerechteren Welt. Auch dazu hat er eine Theorie entwickelt: das Modell der Räumlichen Gerechtigkeit. Und wieder hatte er die Chance, mitzuhelfen, diese Theorie in die Praxis zu übertragen – ob in Bayern, Deutschland oder in China, Kambodscha, Georgien oder anderswo.
Seit 2012 ist Holger Magel nun emeritiert, aber engagiert wie eh und je – daheim und in der Welt. Als Emeritus of Excellence sieht er seine Rolle als internationaler Botschafter der TUM und des Ländlichen Raumes, um weltweit Menschen – Bürger, Experten und Entscheidungsträger gleichermaßen – zu sensibilisieren und zu mobilisieren für die Erhaltung einer unverzichtbaren Balance von Stadt und Land. Denn, so Magel: „Wenn das Land nicht mehr atmet, ersticken die Städte.“
Diplom Geodäsie 1968, Promotion 1977
Nach dem Studium des Vermessungswesens an der TUM schloss Holger Magel 1971 sein Referendariat mit Assessorexamen und Platzziffer 1 in Bayern ab. Nach seiner Tätigkeit für die Flurbereinigungsdirektion München folgte 1975 der Ruf an den Lehrstuhl für Flurbereinigung und ländliche Neuordnung der TUM. 1977 wurde er dort mit einer Arbeit über Planungsfragen zum Dr.-Ing. promoviert.
Von 1978-1997 war Holger Magel im Bayerischen Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten tätig: zunächst als Referatsleiter für Dorferneuerung, Landesentwicklung, Landschaftsplanung, Öffentlichkeitsarbeit, Denkmal- und Heimatpflege sowie Organisation und Personal (1979-1995), dann als Abteilungsleiter und Leiter der Bayerischen Verwaltung für Ländliche Entwicklung (1995-1997). Zeitgleich war er Vorsitzender des Bund-Länder Arbeitskreises Dorferneuerung (1984-1995) sowie EU-Beauftragter für ländliche Entwicklung in den neuen Bundesländern (1992/1993).
Von 1998 bis 2012 war Holger Magel Ordinarius für Bodenordnung und Landentwicklung, Leiter des Center for Land, Water and Environmental Risk Management sowie kollegialer Leiter des Instituts für Geodäsie, GIS und Landmanagement der TUM und von 1998 bis 2002 Vize-, ab 2002 bis 2006 Präsident der International Federation of Surveyors (FIG). Seit 1994 ist er Präsident der renommierten Bayerischen Akademie Ländlicher Raum.
Holger Magel wurde vielfach geehrt; so erhielt er unter anderem den Bayerischen Verdienstorden, das Bundesverdienstkreuz 1. Klasse, die Denkmalschutzmedaille, die Staatsmedaille in Gold des Bayerischen Staatsministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten. Nach der Ernennung zum Commander des königlichen Ordens Sowathara wurde er im Jahr 2013 vom Ministerpräsidenten Kambodschas zum Persönlichen Berater des Land-Ministers ernannt unter gleichzeitiger Verleihung des Titels „Excellency“. Er ist auch Ehrenbürger des chinesischen Modelldorfes Nan Zhang Lou in der Provinz Shandong.
Holger Magel ist verheiratet und Großvater zweier Kinder seiner Tochter.
Professor Dr. Holger Magel wurde 2013 von TUM-Präsident Prof. Dr. Wolfgang A. Herrmann in den Kreis der TUM Emeriti of Excellence aufgenommen.