Heute profitieren Menschen weltweit in ihrem Alltag von den ergonomischen Lösungen von Heiner Bubb – etwa wenn ihnen beim Autofahren ein virtueller Lichtbalken Geschwindigkeit, Bremsweg und Sicherheitsabstand sowie die Route auf Augenhöhe anzeigt. Dieses sogenannte Augmented Reality Head-Up-Display ist nur eine von Heiner Bubbs Erfindungen zur menschengerechten Gestaltung von Fahrzeugen, die den Fahrkomfort und vor allem die Verkehrssicherheit auf den Straßen signifikant erhöhen.
Dem Anspruch mehr als gerecht geworden
Als Heiner Bubb im Jahr 1962 das Studium der Technischen Physik an der TUM aufnahm, war er von seinen Professoren, darunter unter anderem Nobelpreisträger Professor Dr. Rudolf Ludwig Mößbauer hoch beeindruckt. „Ich war aber auch bedrückt“, erinnert sich Heiner Bubb. „Ich hatte das Gefühl, den hier sichtbar werdenden Ansprüchen niemals gerecht werden zu können. Wenn mir zum damaligen Zeitpunkt jemand prophezeit hätte, dass ich eines Tages selbst dort unten an der Tafel stehen werde, hätte ich ihn für verrückt erklärt.“
Die Ergonomie ist zu einem Lebenselixier geworden.
Seiner Zeit weit voraus
Gleich mit seiner Doktorarbeit gelang Heiner Bubb der erste große Coup. Für Kraftfahrzeuge sollte er ein Anzeigegerät für den Bremsweg entwickeln. Das Ergebnis war das sogenannte kontaktanaloge Head-Up-Display (HUD), bei dem der Nutzer seine Kopfhaltung und Blickrichtung beibehalten kann, da die Informationen direkt in sein Sichtfeld projiziert werden. Die Lösung, die Heiner Bubb damit bereits 1975 aufzeigte, kommt heute weltweit in Autos oder Flugzeugen zum Einsatz.
Auch knapp zwei Jahre später beschäftigte er sich in seiner Habilitation mit der Ergonomie des Mensch-Maschine-Systems in Autos. Erneut lieferte er bereits damals die theoretischen Grundlagen für die erst heute aufkommenden Fahrerassistenzsysteme, die teilautonom oder autonom in Antrieb und Steuerung eingreifen oder vor Gefahrensituationen warnen.
Wegweisend war schließlich auch Heiner Bubbs Vision eines rechnergestützten ergonomischen Menschmodells, das wie eine virtuelle Versuchsperson ergonomische Erkenntnisse jederzeit und jedermann verfügbar macht. Im Rahmen eines Forschungsprojektes war Heiner Bubb federführend bei der Entwicklung des 3D-Menschmodells RAMSIS (Rechnergestütztes Anthropometrisch-Mathematisches System zur Insassen-Simulation) beteiligt. Heute verwenden weltweit 80 Prozent aller Automobilfirmen das Modell, um ihre Fahrzeuge so zu gestalten, dass das Risiko menschlichen Fehlverhaltens zunehmend minimiert werden kann.
Lebenselixier
Trotz seiner vielfältigen und höchst erfolgreichen Zusammenarbeit mit der Industrie verließ Heiner Bubb das universitäre Feld nie. Nach einer Professur für Arbeitswissenschaft an der Katholischen Universität Eichstätt kehrte Heiner Bubb 1993 wieder an seine Alma Mater zurück und trat die Nachfolge seines Doktorvaters Heinz Schmidtke an. Heiner Bubbs Gespür für zukunftsweisende Forschungsprojekte in Kooperation mit den großen deutschen Automobilherstellern prägte sein gesamtes Wirken an der TUM.
Seit 2009 ist Heiner Bubb emeritiert. Doch von Ruhestand keine Spur. „Tatsächlich sind die Forschung und die Beschäftigung mit dem Wissenschaftsgebiet der Ergonomie zu einem gewissen Lebenselixier geworden“, sagt er. Nach wie vor berät er das Projekt RAMSIS, wenn es um die zukunftsfähige Weiterentwicklung geht. Und regelmäßig nimmt er an den Lehrstuhlseminaren der Ergonomie teil. Erst 2019 wurde er vom Senat zur Ombudsperson gewählt. Als Ansprechpartner für alle Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der TUM berät und unterstützt er in diesem Amt in Fragen guter wissenschaftlicher Praxis und ihrer Verletzung durch wissenschaftliches Fehlverhalten. Kein Wunder, dass soviel Engagement noch im gleichen Jahr mit dem Ehrentitel TUM Emeritus of Excellence gewürdigt wurde. „Diese Ehrung der TUM erfüllt mich mit Freude und Stolz“, sagt er.
Diplom Physik 1968, Promotion 1975
Nach dem Abitur am Humanistischen Gymnasium in Eichstätt studierte Heiner Bubb Technische Physik an der TUM. Dem Diplom im Fach Physik folgten 1975 die Promotion, 1977 die Habilitation im Fach Ergonomie. 1985 übernahm er eine Professur für Arbeitswissenschaft an der Katholischen Universität Eichstätt. Trotz seiner zahlreichen guten Kontakte zur Industrie verließ er das universitäre Umfeld nie. Bis zu seiner Emeritierung im Jahr 2009 hatte er die Leitung des Lehrstuhls für Ergonomie an der TUM inne. Mehr als 60 Dissertationen betreute er in dieser Zeit; unter anderem die von TUM Alumna Dr. Birgit Spanner-Ulmer, der heutigen Produktions- und Technikdirektorin des Bayerischen Rundfunks.
An der Fakultät für Maschinenwesen war Heiner Bubb von 2005 bis 2007 Studiendekan und Sprecher der Studiendekane der TUM. Als überzeugter Europäer empfand er es als ehrenvollen Auftrag, im Sinne des Bologna-Prozesses die Internationalisierung des Studiums an der TUM voranzutreiben. Insbesondere auch durch seine persönlichen Forschungs- und Lehraufenthalte in Ungarn, den Niederlanden, den USA und China förderte er den internationalen wissenschaftlichen Austausch im Bereich der Ergonomie. Seit 2019 ist er als Ombudsperson der TUM der erste Ansprechpartner bei Fragen zu guter wissenschaftlicher Praxis. Im Dezember 2019 wurde er für sein wissenschaftliches Wirken und sein Engagement in der universitären Selbstverwaltung vom Präsidenten der TUM mit dem Ehrentitel TUM Emeritus of Excellence ausgezeichnet.
Heiner Bubb ist verheiratet, hat zwei Kinder und lebt in München. Während seiner aktiven Dienstzeit blieb kaum Zeit für Freizeitaktivitäten. Umso schöner findet er es, dass er sich nun nach Lust und Laune an sein elektronisches Klavier setzen kann, um die Fähigkeiten aus der Schulzeit zu reanimieren.