Mit zwei Diplomen von der TUM in der Tasche gründete Farhad Farassat direkt nach dem Studium eine eigene Firma, die schnell Marktführer bei Geräten für das Mikroschweißen in der Chipverarbeitung wurde. Heute – rund 40 Jahre später – fördert er mit den Erlösen aus dem Verkauf seiner Firma junge Studierende der TUM über das Deutschlandstipendium, engagiert sich als Berater für studentische Aktivitäten und unterstützt mit seiner Erfahrung das TUM Kuratorium bei Entscheidungen für die Zukunft der Universität.
Wir trafen den großzügigen Stifter und Ehrensenator der TUM zusammen mit TUM-Studentin Paula Ruhwandl. Sie erhält aktuell eines der Deutschlandstipendien, die von Farhad Farassat finanziert werden.
Farhad Farassat: Wir waren von Paula auf Anhieb sehr begeistert. Sie ist eine begabte junge Frau – eine der immer noch zu wenigen Studentinnen der Elektrotechnik und Informationstechnik – und hat vielfältige Interessen und Talente. Sie engagiert sich neben dem Studium noch als Trainerin im Ruderverein. Und einen Job haben Sie ja auch noch?
Paula Ruhwandl: Stimmt. Ich bin aktuell Werkstudentin in der Halbleiterindustrie. Dort lerne ich sehr viel. Ich bin aber auch froh, dass ich dank des Deutschlandstipendiums nicht darauf angewiesen bin, neben dem Studium zu arbeiten. Es ist mir wichtig, auf eigenen Beinen stehen zu können und es macht mir große Freude, mich ehrenamtlich zu engagieren. Das Rudern ist für mich ein guter Ausgleich und fordert mich andererseits. Als Trainerin muss ich mein Team führen und motivieren.
Farhad Farassat: Genau das wollen wir mit unserer Förderung erreichen. Dass die jungen Leute ihren Interessen und Leidenschaften nachgehen können und sich vielfältig weiterbilden auch neben dem Studium. Paula ist ja nicht unsere einzige Stipendiatin. Es sind mittlerweile rund 90 Stipendien, die wir an der TUM gestiftet haben.
Ruhwandl: Und warum zog es Sie gerade nach Deutschland?
Farassat: Im Iran hat man uns immer gesagt, dass die deutsche Mechanik die beste der Welt ist. Natürlich wollte ich nachsehen, ob das stimmt und was es damit auf sich hat (lacht).
Ruhwandl: Mein Vater würde das als deutscher Ingenieur vermutlich genauso einschätzen (lacht). Aber haben Sie das in Ihrem Studium dann auch so erlebt?
Farassat: Ich habe an der TUM sehr viel gelernt. Das Studium hat auf jeden Fall die Basis für meinen weiteren Lebensweg gelegt. Ab dem fünften Semester habe ich zudem in einer Firma als Konstrukteur gearbeitet, um mir das Studium zu finanzieren. Da habe ich schon richtig Maschinen konstruiert und dabei sehr viel gelernt. Es war aber auch anstrengend. Manchmal habe ich unter der Woche nur drei oder vier Stunden täglich geschlafen. Ich bin an die Universität gefahren, um die Vorlesungen zu hören, danach zur Arbeit. In der Nacht habe ich gelernt und am nächsten Tag ging alles wieder von vorne los.
Ruhwandl: Puh, das klingt wirklich nach einem vollen Pensum. Mich fordert das Studium auch sehr, aber ich schaffe es momentan ganz gut alles in der Balance zu halten und mich nebenbei zu engagieren. Vielleicht bin ich aber nicht ganz so strebsam wie Sie (lacht).
Farassat: Ich habe mir schon als Kind immer feste Ziele gesetzt. Und wenn ich mir etwas vorgenommen habe, dann habe ich das meistens auch erreicht. Mein Studium habe ich in acht Semestern durchgezogen und dann noch ein zweites Diplom an der TUM in Kerntechnik gemacht. Wie sind Sie denn darauf gekommen, hier zu studieren?
Paula Ruhwandl: Mein Vater hat schon an der TUM studiert – ist also stolzer Alumnus. Aber ich glaube, das war für mich nicht der Hauptgrund. Ich habe schon früher gerne bei „Mädchen machen Technik“ mitgemacht. Das ist ein Ferienprogramm von der TUM für Schülerinnen, bei dem man mehrtägige Projekte als Forscherin oder Ingenieurin machen und etwas konstruieren und entwickeln kann. Das hat mir sehr viel Spaß gemacht und in mir die Begeisterung an der Arbeit als Ingenieurin entfacht. Tatsächlich habe ich aber jetzt im Masterstudium die gleiche Spezialisierung gewählt, die damals mein Vater gemacht hat: Embedded Systems. War jedoch eher ein Zufall. Das macht mir einfach am meisten Spaß.
Ruhwandl: Warum nicht?
Farassat: Umso größer die Firma, desto weniger Einfluss kannst du als Ingenieur auf das gesamte Produkt, die komplette Maschine nehmen. Das ist jedenfalls mein Eindruck. In sehr großen Unternehmen sind die einzelnen Ingenieure so spezialisiert, dass sie oft nur kleine Komponenten entwickeln, zum Beispiel zwei Schrauben für eine bestimmte Maschine. Für mich war es aber schon immer sehr wichtig, dass ganze Produkt zu sehen und daran mitzuwirken.
Ruhwandl: Auf welchem Gebiet war Ihre Firma tätig?
Farassat: Wir haben uns auf Mikroschweißtechnik spezialisiert. Das brauchen Sie zum Beispiel bei der Produktion von Computerchips. Damit haben Sie ja auch in ihrem Werkstudentenjob zu tun. Durch Zufall habe ich damals eine Firma besichtigt, die im Bereich Mikroschweißen tätig war. Die Geräte waren zu dieser Zeit noch nicht computergesteuert und mussten alle manuell bedient werden. Da saß also eine Frau und hat einzelne Drähte zusammengeschweißt, die nur 25 μm dick waren. Das können Sie mit dem bloßen Auge quasi nicht sehen und damit blieb die Verschweißung trotz aller Konzentration immer sehr ungenau. Da war mir klar, dass wir etwas entwickeln müssen, um den Prozess zu automatisieren. Also habe ich mich mit Geschäftspartnern zusammengetan und das erste vollautomatische Mikroschweißgerät der Welt gebaut.
Ruhwandl: Einfach so?
Farassat: Es ist nie so einfach, wie es sich anhört (lacht). Wir wussten aber, dass wir hier gemeinsam eine Lösung finden können. Und wir wollten das unbedingt. Also haben wir unser Können zusammengeworfen, viel ausprobiert und mit jedem Modell dazu gelernt. Mich trieb meine angeborene Neugier an und das viele Wissen, das ich mir an der TUM angeeignet hatte, half natürlich auch. Und so war das Vorhaben am Ende von Erfolg gekrönt.
Ruhwandl: Wie groß war denn Ihr Unternehmen?
Farassat: In unseren besten Zeiten hatten wir rund 150 Angestellte. Sie haben das Unternehmen getragen und ohne sie wäre ich nie dahin gekommen, wo ich heute bin. Meine Firma war für mich immer wie eine Familie. Mir war es wichtig, dass es meinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern gut geht.
Ruhwandl: Das merke ich bereits als Werkstudentin. Es ist sehr wichtig, im Job Anerkennung zu bekommen und eine gute Atmosphäre im Unternehmen spielt eine entscheidende Rolle.
Farassat: Eine erstklassige Firmenkultur war für mich immer von zentraler Bedeutung. Wenn ich morgens in die Firma gekommen bin, habe ich die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter erst einmal persönlich begrüßt. So konnte ich direkt fühlen, wenn es jemandem nicht gut ging und er Hilfe brauchte.
Ruhwandl: Das finde ich wirklich beeindruckend. Solche Vorbilder brauchen wir noch mehr, denke ich.
Farassat: 2001 wurde ich zum Entrepreneur des Jahres in Deutschland gewählt. Ich war der erste Ausländer, der in Deutschland Entrepreneur des Jahres im Bereich Industrie wurde. Darauf bin ich noch heute sehr stolz.
Ruhwandl: Sind da auch studentische Projekte dabei?
Farassat: Ja, mit großer Begeisterung unterstütze ich zum Beispiel das Team „TUM Autonomous Motorsport“. Die engagierten Doktoranden und Studierenden entwickeln einen durch Künstliche Intelligenz gesteuerten Rennwagen, der Spitzengeschwindigkeiten von bis zu 270 km/h erreicht. Das finde ich beeindruckend. Sie nehmen auch regelmäßig an Wettbewerben teil und sind da höchst erfolgreich. Mir macht es enorm viel Spaß, mit den jungen Leuten zusammenzusitzen, sie zu ihrem Projekt zu beraten und ihnen meine Meinung und Erfahrungswerte zu bestimmten Fragen mitzugeben. Die Studierenden, die diese Projekte machen, sind unheimlich motiviert und arbeiten sehr hart. Das ist schön zu erleben.
Ruhwandl: Herr Farassat fördert mich ja nicht nur finanziell durch das Deutschlandstipendium, sondern steht mir auch als Mentor zur Seite. Das ermutigt mich. Ich weiß, dass ich ihn bei Fragen rund um mein Studium oder meine Berufswahl jederzeit kontaktieren kann. Von seiner vielfältigen Lebens- und Berufserfahrung werde ich in Zukunft noch sehr profitieren.
Diplom Maschinenwesen 1974, Kerntechnik 1977
Farhad Farassat kam mit Anfang 20 aus dem Iran nach München und studierte an der TUM Maschinenwesen und Kerntechnik. Beide Studiengänge schloss er mit Diplom ab und gründete kurz darauf mit zwei anderen Personen eine Firma auf dem Gebiet der Mikroschweißtechnik für Computerchips. 1992 übernahm Farhad Farassat die Firma im Rahmen eines Management-Buy-outs gemeinsam mit seinem Kommilitonen Said Kazemi und wurde Firmenchef. 1997 promovierte der Alumnus an der TU Berlin über das Thema „Bondprozesskontrolle“. 2001 wurde er vom Manager Magazin als Entrepreneur des Jahres ausgezeichnet. Im Jahr 2016 verkaufte er seine Firma und nahm sich vor, 20 Prozent des Erlöses an die TUM zu stiften – ein Teil ging an die Universitätsstiftung, mit dem Rest finanzierte Farhad Farassat zahlreiche Deutschlandstipendien. Heute engagiert sich im TUM Kuratorium und wirkt an zahlreichen studentischen Projekten als Berater mit. 2021 wurde er zum Dank für seine langen Dienste zum Ehrensenator der TUM ernannt.
TUM-Deutschlandstipendiatin Paula Ruhwandl
Bachelor Elektrotechnik und Informationstechnik 2022
Paula Ruhwandl ist in München geboren und aufgewachsen. An der TUM hat sie bereits den Bachelor Elektrotechnik und Informationstechnik erfolgreich abgeschlossen und spezialisiert sich gerade im Masterstudium weiter. Als Werkstudentin sammelt sie Erfahrung bei Infineon. Ehrenamtlich engagiert sie sich als Trainerin im Ruderverein. Aktuell wird sie mit einem von Dr. Farhad Farassat gestifteten Deutschlandstipendium gefördert.