Weltraum-Managerin Claudia Kessler
Ihre Bewerbung als Astronautin für die zweite Deutsche Spacelab-Mission mit der Raumfähre Columbia scheitert dann aber am Timing, weil sie zu diesem Zeitpunkt noch keinen Abschluss vorweisen kann. Ein wenig trauert Claudia Kessler dieser verpassten Chance noch heute hinterher. Sie hat eine genaue Vorstellung davon, wie faszinierend die Erde vom All gesehen aussieht: „Man erkennt die Verletzbarkeit unserer Atmosphäre und dass wir ‚so allein‘ auf diesem blauen Planeten durchs Weltall reisen.“
Ich lasse mich von Rückschlägen nicht aufhalten.
RAUMFAHRT ALS BERUF
Auch wenn es mit dem eigenen Ausflug ins All nicht klappen wollte, hat Claudia Kessler Raumfahrt doch zu ihrem Beruf gemacht. „Ich lasse mich von Rückschlägen nicht aufhalten. Ich bin eher ein Typ, der es dann erst recht wissen will“, sagt sie heute. Direkt nach dem Studium steigt Claudia Kessler also bei einem Münchner Raumfahrtunternehmen ein. Heute leitet sie die europäischen Niederlassungen von Hernandez Engineering Space, einem der führenden Personalvermittler für hochqualifizierte Fachkräfte in der Raumfahrt. Seit mehr als 20 Jahren sitzt sie in verschiedenen Gremien, nimmt an Podiumsdiskussionen teil und versucht Frauen für Raketen und Satelliten zu begeistern. Weil sie sich weiterhin an dem geringen Frauenanteil in der Branche stört, organisiert sie zusammen mit einer Kollegin das europaweite Netzwerk Women in Aerospace, das die Sichtbarkeit von Frauen in der Raumfahrt und ihre Chance auf Führungsmöglichkeiten verbessert. Dabei weiß sich die nur 1,61 große Frau in Szene zu setzen: „Ich bin von meinem Naturell her laut und auffällig und stelle mich gerne vorne hin. Und wenn mich keiner sieht, dann stelle ich mich auf einen Stuhl.“
DER TRAUM BLEIBT
2016 hat Claudia Kessler beschlossen, dass nach 11 deutschen Männern im All nun endlich die Frauen an der Reihe sind. Sie gründete eine private Initiative, mit deren Hilfe die erste deutsche Astronautin gecastet, ausgebildet und ins All geschickt werden soll. Die Resonanz war überwältigend: Eine Vielzahl an Bewerbungen von jungen Frauen traf ein. Im April wurden in Kooperation mit dem deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt und Airbus zwei Astronautinnen ausgewählt, die mittlerweile ihr Training für den Flug ins All begonnen haben. Bei der Initiative geht es Claudia Kessler nicht nur ums Prinzip. Aus wissenschaftlicher Sicht sei es wichtig, medizinische Informationen darüber zu erhalten, wie sich Frauenkörper im Weltall verhalten: „Ich denke an die Veränderungen im Hormonhaushalt, das Schweißverhalten der Haut, aber auch Veränderungen in den Augen und im Herz-Kreislaufsystem und natürlich psychologische Faktoren.“
Mit ihrer Kampagne ist Claudia Kessler auf Erfolgskurs und hat namhafte Unterstützung unter anderem von Bundeswirtschaftsministerin Brigitte Zypries erhalten. Die Position von Frauen im Raumfahrtsektor hat sie auch im eigenen Unternehmen gestärkt und die Hälfte des Managements weiblich besetzt. Doch der Traum von einem eigenen Flug ins All bleibt. Wenn es eine Mission zur Erkundung eines fremden Planeten gäbe – ohne Rückkehrmöglichkeit – wäre sie dabei? „Ja! Es würde mir zwar schwer fallen, meine Familie und Freunde zurückzulassen, aber die Neugier, das Abenteuer einen neuen Planeten zu erkunden, wäre stärker.“
Claudia Kessler
Diplom Luft- und Raumfahrttechnik 1990
Claudia Kessler hat an der TUM Maschinenwesen studiert und sich auf Luft- und Raumfahrttechnik spezialisiert. Seit 2008 leitet sie die europäischen Niederlassungen von Hernandez Engineering Space, kurz HE Space, einer der führenden Personalvermittler für hochqualifizierte Fachkräfte in der Raumfahrt.
Claudia Kessler ist Gründerin der Initiative Die Astronautin (www.dieastronautin.de) und engagiert sich als Mentorin bei TUM Mentoring von Alumni für Studierende. Sie ist verheiratet und hat eine Tochter.