TUM Alumnus Christian Schiwek

Volle Konzentration beim Rennradfahren: Eine von drei Disziplinen beim Ironman (Bild: Sportograf).

Alumni Sportler
Triathlet Christian Schiwek
„Hawaii ist der Sehnsuchtsort jedes Triathleten”
25. Okt. 2024  |  
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Dr. Christian Schiwek hat sich für den wohl berühmtesten Ausdauer-Wettbewerb der Welt qualifiziert: die Ironman-WM auf Hawaii. Dafür trainiert der TUM Alumnus bis zu 20 Stunden die Woche – neben seinem 40-Stunden-Job beim Pharmaunternehmen Roche.
Das hier sei für ihn eigentlich der perfekte Boden, sagt Christian Schiwek und zeigt in den Englischen Garten hinein. Kein Teer, kein Asphalt, weiche Unterlage, breite Wege und Bäume, die vor Regen oder Sonne schützen. Hier hat der TUM Alumnus schon ziemlich viel Schweiß gelassen, um sich seinen Traum zu erfüllen: die diesjährige Ironman-WM auf Hawaii. „Das ist der absolute Sehnsuchtsort eines jeden Triathleten”, sagt er.

Am 26. Oktober ist Startschuss auf der Insel Big Island. Dann wird Christian Schiwek in der Bucht der Kleinstadt Kailua-Kona stehen und mindestens neun Stunden lang Gas geben: Erst wird er 3,86 Kilometer durch den Pazifik schwimmen, dann 180,25 Kilometer durch die Lavawüste radeln und zum Abschluss noch 42,195 Kilometer laufen – immerhin an der Küste entlang. Für die Vorbereitung auf die WM muss jetzt erstmal noch der Englische Garten herhalten. Dort wo sich die Königin- und die Ohmstraße kreuzen, führt ein kleiner Weg über den rauschenden Schwabinger Bach in den Südteil des Englischen Gartens. Hier beginnt der TUM Alumnus regelmäßig seine kilometerlangen Trainingsrunden.

VON JUGENDTRIATHLONS ZUM IRONMAN AUF HAWAII

Mit sechs fing Christian Schiwek an leistungsmäßig zu schwimmen, mit 16 absolvierte er seine ersten Jugendtriathlons. Hawaii war schon immer ein Ziel, aber lange blieb es einfach nur ein Traum, die Geburtsstätte des Ironmans, der Wunsch vieler Triathleten. Während seines Chemiestudiums in Heidelberg war nicht viel Platz fürs Training, viel Labor, wenig Flexibilität.

Nach seinem Master entschied Christian Schiwek sich dazu, am TUM Lehrstuhl Organische Chemie I von Professor Dr. Thorsten Bach zu promovieren. „Das war mitunter die beste Entscheidung, die ich damals mit meinen 25 Jahren getroffen habe”, sagt er heute. „Die TUM ist die beste Uni in Deutschland, das muss man auch mal sagen. Außerdem mag ich die Berge.” An der TUM machte er nicht nur seinen Doktor, er lernte am Lehrstuhl auch seine Freundin kennen und fing wieder an zu laufen. Erst mit Kollegen, regelmäßig, dreimal die Woche vor der Uni, fünf Kilometer, „ganz entspannt”, wie Christian Schiwek sagt, dann folgte 2021 der München Marathon. Danach stieg der TUM Alumnus wieder aufs Rennrad, machte bei ein paar Triathlons in der Region mit und so langsam fing der Gedanke an Hawaii erneut an zu kitzeln.

DER TRAININGSPLAN WIRD UM DIE 40-STUNDEN-WOCHE HERUMGEBAUT

Im Herbst 2022 holte Christian Schiwek sich dann professionelle Hilfe von Stefan Drexl, ebenfalls ehemaliger Student an der TUM, Sportwissenschaften. Seitdem erstellt Drexl einen Trainingsplan, den er rund um Christian Schiweks 40-Stunden-Job beim Pharmakonzern Roche zusammenbastelt: mindestens acht Stunden die Woche, in Wettkampfphasen auch bis zu zwanzig. „Ich gehe regelmäßig zwischen 21 Uhr und 21:30 Uhr ins Bett und um sechs Uhr stehe ich auf, egal wie”, sagt Christian Schiwek und lacht.

TUM Alumnus Christian Schiwek
Christian Schiwek beim Ironman in Hamburg: Als letzte Disziplin des Ironmans mussten noch vier Runden Rennstrecke um die Alster bewältigt werden. (Bild: Sportograf).
Er öffnet auf seinem Handy jetzt seine Trainingsapp und gibt einen kleinen Einblick in seine Routine. So kurz vor Hawaii ist alles streng durchgetaktet, von Montag bis Sonntag. „Am Montag habe ich den Tag erstmal mit einem Auftaktlauf gestartet”, sagt der TUM Alumnus. Heißt: Acht Kilometer, 35 Minuten durch den Englischen Garten. Nach der Arbeit ging es dann drei Stunden aufs Rennrad südlich gen Isar, raus nach Schäftlarn, Ludwigshöhe, Richtung Starnberg. Die weiteren Stationen der Woche: Das Hallenbad und die Laufbahn in Penzberg, seinem Arbeitsort, eine Radstrecke durch Ismaning, Garching, Freisinger Moos, das Cosimabad, der Englische Garten.

Jeder Tag ist voll, außer Freitag, da ist aktiver Erholungstag, da wird sich nur gedehnt. „Ich weiß, dass das sehr intensiv klingt”, sagt Christian Schiwek, „aber für mich ist das auch ein Ausgleich. Das Schöne am Triathlon ist, dass man durch viel Input auch viel Output bekommt, weil man seine Leistungsfähigkeit direkt beeinflussen kann.”

 Es gab auch keinen Plan B für unseren Sommerurlaub dieses Jahr.

Dr. Christian Schiwek

Trotzdem: Die knapp einjährige WM-Qualifikation hatte es in sich. Die Bilanz für 2024: Vier Triathlons, davon einer in Venedig/Jesolo und drei in Bayern, außerdem zwei Ironmans, kurz hintereinander, erst in Hamburg, dann in Frankfurt. In Hamburg verpasste Christian Schiwek das Ticket zur WM nur knapp, vier Minuten fehlten am Ende für Hawaii. „Das war schon hart”, sagt er.

Das hätte das Aus sein können mit seinem Traum, aber drei Monate später, im August, stand Christian Schiwek erneut beim Ironman Rennen am Start. Diesmal gab es in Frankfurt seine letzte Chance auf die WM-Qualifikation 2024, die nächste hätte es erst wieder in zwei Jahren gegeben. „Es gab keinen Plan B für unseren Sommerurlaub dieses Jahr”, sagt Christian Schiwek grinsend. Die Unterkunft auf Hawaii war seit Hamburg schon gebucht, Aufgeben war keine Option.

NEUN STUNDEN MIT SICH SELBST BESCHÄFTIGT

Der Ironman in Frankfurt war heftig. Dauerregen, Hagel, Dreck, der von den Fahrradfelgen ins Gesicht spritzte, daran erinnert sich der TUM Alumnus noch genau. Die Motivation war im Keller und Christian Schiwek am Kämpfen. „Du bist neun Stunden lang mit dir selbst beschäftigt”, sagt er und an diesem Wettkampftag im August kam oft die Frage nach dem Warum in ihm auf. „Du findest in solchen Momenten gar keine Antwort, du machst einfach weiter”, sagt er.

Auch, wegen der Unterstützung. Freunde aus seinem Geburtsort Ludwigshafen waren extra angereist, genauso wie Studienkollegen aus Heidelberg, seine Eltern und seine Freundin Simone aus München, sie alle verteilten sich auf der Wettkampfstrecke und feuerten an. Neun Stunden und 17 Sekunden, so lange kämpfte sich Christian Schiwek in Frankfurt durch. Es reichte. „Im Ziel habe ich erstmal geheult”, sagt er.

Dreieinhalb Wochen werden er und seine Freundin Simone auf Hawaii verbringen, an dem Ort, an dem der Ironman erfunden wurde, dort wo der TUM Alumnus immer hin wollte. „Das Schönste”, sagt Christian Schiwek, „wird sein, bei Sonnenuntergang auf dem Ali‘i Drive in den Zielbereich einzubiegen. Egal, wie das Rennen ausgeht, das ist Erfüllung genug.”

TUM Alumnus Christian Schiwek

TUM Alumnus Christian Schiwek (Bild: Privat).

Dr. Christian Schiwek

Promotion Chemie 2022

 

Christian Schiwek schrieb seine Doktorarbeit am Lehrstuhl Organische Chemie I von Prof. Dr. Thorsten Bach im Bereich Organische Synthese. Nach seiner Promotion fing er beim Industriekonzern Linde als Research and Development Engineer in Höllriegelskreuth an. Mittlerweile arbeitet er als Senior Expert in der Qualitätskontrolle für die Biopharmaka des Pharmaunternehmens Roche in Penzberg. Sein Ziel nach der Ironman WM 2024 auf Hawaii steht schon fest: Die Triathlon Challenge Roth. „Wenn da Wettkampf ist”, sagt der TUM Alumnus, „dann ist das so wie die Wiesn hier. Entweder man hasst es und fährt weg, oder man ist dabei. Ich will dabei sein.”