„Das IT-System speicherte automatisch Prozessdaten – ein unheimlich wertvoller Schatz, der ständig wuchs“, sagt Bastian Nominacher. „Uns war klar, dass wir diesen analysieren müssen, dass da ein immenser Wert dahintersteckt.“ Basierend auf einer Veröffentlichung des niederländischen Professors Wil van der Aalst entwickelten die drei jungen Männer ihr eigenes Programm. 2011, kurz nach Abschluss des Studiums, fand die Unternehmensgründung statt. „Erst haben wir zu dritt in meiner Wohnung gearbeitet und sukzessive mehr und mehr Kunden gewonnen“, so Nominacher. Schon früh waren große Konzerne, wie beispielsweise Siemens, an Bord. „Das erlaubte es uns, in den ersten fünf Jahren komplett ohne externes Investment auszukommen – sehr ungewöhnlich für ein Start-up“, so der TUM Alumnus.
Ein echtes Einhorn aus der TUM
Heute ist der 33-jährige Co-CEO eines der weltweit erfolgreichsten Start-ups. Investoren haben die Ausgründung der TUM kürzlich mit einer Milliarde US-Dollar bewertet. Start-ups, die diesen Unternehmenswert erreichen, werden als „Einhörner“ bezeichnet. Noch etwas seltener als in den USA oder China werden sie in Deutschland gesichtet: Lediglich fünf Start-ups haben laut „Handelsblatt“ in den vergangenen zehn Jahren die Milliardenschwelle überschritten.
Schon 2015 war Celonis das am schnellsten wachsende Technologieunternehmen Deutschlands, ein Jahr später erfolgte die Eröffnung der Niederlassung in New York. Mittlerweile nutzt ein Drittel der DAX-Unternehmen die Technologie. Damit gilt Celonis als Weltmarktführer beim so genannten Process Mining. Mit diesem können Unternehmen sämtliche digitale Geschäftsprozesse analysieren und so schnell erkennen, ob es Probleme in den Abläufen gibt und wo diese liegen. „Wir schaffen in diesem Bereich eine komplett neue Kategorie von Technologie“, sagt Bastian Nominacher. „Das macht unsere Tage so unglaublich spannend und aufregend.“
Wir haben eine mutige Vision, aber wir sind mit Haut und Haaren dabei.
Talentpool der TUM
Eine wichtige Rolle bei der Gründung spielte die TUM. Neben der TUM Gründungsberatung halfen die Lehrstühle für Wirtschaftsinformatik, Industrial Design und Entrepreneurship, das Geschäftsmodell und eine Corporate Identity zu entwickeln. „Egal ob es um die Softwarearchitektur oder ein komplexes Finanzmodell geht – wir können immer wieder auf das Wissen aus der Uni zurückgreifen. Für uns ist das unglaublich wichtig, schließlich hatten wir ja bei der Gründung noch keine Berufserfahrung.“
Auch heute noch ist die Verbindung eng. Mehr als ein Viertel der 400 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter kommt von der TUM: „Das wir unser Büro in München an der Theresienstraße haben, ist kein Zufall“, sagt Bastian Nominacher. Tatsächlich sei die Nähe zur TUM ein wichtiger Standortfaktor. „Wir bedienen einen nahezu unbegrenzt großen Markt, es gibt eine sehr starke Nachfrage und wir brauchen wirkliche Talente auf dem höchsten Level.“ Über 2.000 Bewerbungen gehen bei Celonis pro Quartal ein, doch ausgewählt werden nur wenige. „Wir sind sehr selektiv, aber die TUM bietet uns einen sehr guten lokalen Talentpool. Wenn es die TUM hier nicht geben würde, müssten wir wahrscheinlich wegziehen, weil einfach keine Mitarbeiter da wären.“
Zukunftsvision Wachstum
Neben den Hauptsitzen in München und New York betreibt Celonis international zahlreiche weitere Büros. In den USA hat das Unternehmen vier Standorte und erwirtschaftet die Hälfte des Umsatzes. Der Sprung über den Atlantik, den manche für gewagt hielten, schreckte die Gründer nicht. „Wir waren überzeugt, dass US-Unternehmen die gleichen geschäftlichen Herausforderungen bei der Prozessoptimierung haben“, sagt Nominacher. Außerdem hatte Celonis den Schritt gut vorbereitet, indem es sich fünf Jahre nach der Gründung erstmals erfahrene Investoren als Partner nahm.
Auch für die Zukunft ist weiteres Wachstum angesagt. „Ich kann mir gut vorstellen, dass Celonis in einigen Jahren ein Unternehmen mit mehreren Tausend Mitarbeitern ist“, so Bastian Nominacher. Schließlich ist das Unternehmen der absolute Marktführer in seinem Bereich und muss momentan Nachfragen aus der ganzen Welt abdecken. Einen Börsengang schließen die Gründer nicht aus, einen Verkauf dagegen schon. „Wir haben eine mutige Vision, aber wir sind mit Haut und Haaren dabei“, ist Bastian Nominacher überzeugt.
Masterstudium Finance und Information Management und Bachelor Informatik 2010
Bastian Nominacher hat an der TUM im Master-Elitestudiengang Finance und Information Management studiert und 2011 abgeschlossen. Martin Klenk hat an der TUM das Bachelorstudium im Fach Informatik abgeschlossen.
Während des Studiums lernten die beiden jungen Männer Alexander Rinke kennen, der an der TUM Mathematik studierte. Im Rahmen der studentischen Unternehmensberatung Academy Consult führten sie miteinander erfolgreich verschiedene Projekte durch. Bei einem davon kam ihnen die Idee zur Unternehmensgründung von Celonis.
Das Start-up bietet eine Process-Mining-Software an, mit der Unternehmen sämtliche digitale Geschäftsprozesse analysieren können. Global Player und Mittelständler in 20 verschiedenen Branchen nutzen die Software, darunter ein Drittel der DAX-Unternehmen. Damit gilt Celonis als Weltmarktführer bei dieser Technologie – ein echter Hidden Champion also.
Unterstützt wurden die Gründer unter anderem durch ein EXIST-Gründerstipendium, die TUM Gründungsberatung und zahlreiche Lehrstühle der TUM.
Heute freut sich Bastian Nominacher darüber, seine Erfahrungen und sein Wissen, das er während der Gründung erworben hat, selbst wiederum an Studierende und Alumni der TUM weitergeben zu können. So hat er im Winter 2018 zusammen mit einigen anderen Unternehmern auf einer Podiumsdiskussion zum Thema „Hidden Champions“ Einblicke in seinen Berufsalltag und seine Erfolgsformel gegeben.
Lesen Sie hier ein Interview der TUM Fakultät für Mathematik mit Celonis>