Schon seit ihrem Doktortitel in Neurochemie an der Universität von Buenos Aires ist sie fasziniert vom Gehirn und von all dem, was es mit sich bringt: Synapsen, die Neuronen miteinander kommunizieren lassen, synaptische Vesikel, die an den Endigungen von Neuronen vorkommen und in denen Neurotransmitter, wie das Hormon Dopamin gespeichert werden.
Über Dopamin als einer der wichtigsten Neurotransmitter des Gehirns hat Marta Antonelli ausführlich geforscht: Wo sind die Dopaminrezeptoren überhaupt? Wie regulieren sie sich? Verändern sie sich bei Stress? Wie ist es bei Stress während der Schwangerschaft? Was für Folgen hat das?
„Ich will mein Wissen für Fortschritte in der menschlichen Gesundheit einsetzen”
Nach ihrer Promotion forschte Marta Antonelli an der Universität von Buenos Aires an verschiedenen Instituten, unter anderem an der Fakultät für Pharmazie und Biochemie am Instituto de Química y Fisicoquímica Biologicas (Institut für Chemie und biologische Physikochemie). Dort arbeitete sie viele Jahre lang mit Tiermodellen – das Ergebnis: Vieles deutete darauf hin, dass Stress während der Schwangerschaft bedeutende Veränderungen in der Gehirnfunktion und im Verhalten der jugendlichen und erwachsenen Ratten bewirken kann. „Mein Hauptinteresse galt jedoch vorbeugenden Maßnahmen für die trächtige Mutter, um schädliche Folgen für die Nachkommen zu vermeiden”, sagt sie. Das Problem: In Argentinien wurde die klinische Forschung an Menschen zu diesem Thema damals nicht finanziert.
Nach einigen Recherchen erfuhr Marta Antonelli von einem Programm in Deutschland, welches sich von Beginn an um werdende Mütter kümmerte. Sie nahm Kontakt zu einem der Autoren auf, der sie mit dem damaligen Leiter der Abteilung für Perinatalmedizin im Klinikum rechts der Isar, Professor Dr. Karl-Theo Maria Schneider, bekannt machte. Zusammen mit der leitenden Oberärztin der Frauenklinik der TUM, Professorin Dr. Silvia Lobmaier, entwickelte Marta Antonelli daraufhin ein klinisches Forschungsprojekt in München. „Damit wurde ein lang gehegter Traum wahr, mein Wissen für Fortschritte in der menschlichen Gesundheit, vor allem während der Schwangerschaft, einzusetzen”, sagt sie.
PROJEKT FÜR SCHWANGERE MÜTTER AM KLINIKUM RECHTS DER ISAR
Mit einem interdisziplinären Team aus Geburtshelfern, Psychologinnen, Biologen, Neurologinnen und Statistikerinnen sowie jungen Medizinstudierenden und Forschern in den USA und Israel machte sie sich an die Arbeit. Es folgten eine Reihe an hochkarätigen Veröffentlichungen. Unter anderem fanden Marta Antonelli und ihr Team heraus, wie sich die Auswirkungen von chronischem Stress auf Mutter und Kind während der Schwangerschaft nicht-invasiv feststellen lassen. Auf dieser Grundlage entwickelten sie ein Projekt, das Yoga- und Achtsamkeitsprogramme zur Früherkennung und Intervention mit schwangeren Frauen zusammenführt. Das Projekt begann im Jahre 2022 in Zusammenarbeit mit TUM-Professorin Dr. Silvia Lobmaier und dem Gynäkologie-Lehrstuhl von TUM-ProfessorinDr. Marion Kiechleund läuft weiterhin.
Als August-Wilhelm-Gastprofessorin und Hans Fischer Senior Fellow des TUM Institute for Advanced Study (TUM-IAS) verbrachte Marta Antonelli insgesamt 31 Monate in München – eine Zeit, die ihr nicht nur das bayerische Essen näher brachte, sondern in der sie auch viele Menschen kennen und schätzen lernte: TUM-Professorin Dr. Ute Reuning, mit der sie „unvergessliche Momente in Bayern” erlebte und die sie immer noch gerne besucht, wenn sie in München ist, TUM-Professorin Dr. Bettina Kuschel, die Leiterin der Abteilung für Geburtshilfe am Klinikum rechts der Isar, die sie während ihrer Aufenthalte immer ermutigte und unterstützte. „Hervorheben möchte ich auch, dass die Beziehung zu Dr. Lobmaier über die rein fachliche Verbindung hinausgeht und sich zu gegenseitiger freundschaftlicher Wertschätzung ausgeweitet hat”, sagt Antonelli.
Auf den IAS-Veranstaltungen, den Mittwochs-Kaffee-Talks, den TUM-IAS-Fellow-Lunches, den Workshops der Kollegen und Kolleginnen kam sie in Kontakt mit Menschen aus verschiedenen Ländern: einem Physiker aus Indien, einem Architekten aus der Ukraine, Mathematiker aus Afrika und Professoren aus München. Bei einer der ersten Versammlungen lernte Marta Antonelli eine andere Hans Fischer Senior Fellow italienischer Herkunft kennen, Dr. Angela Casini. Antonelli konnte die heutige TUM-Professorin dafür gewinnen, nach Argentinien zu reisen, um einen Plenarvortrag bei der nationalen Tagung der Sociedad Argentina de Investigación en Neurociencia (Argentinische Gesellschaft für Neurowissenschaften) zu halten, deren Exekutivratspräsidentin Antonelli zu diesem Zeitpunkt war.
Als TUM Ambassador möchte Marta Antonelli die TUM in Argentinien bekannt machen und die Verbindung zwischen dem Nationalen Forschungsrat (CONICET), in dem sie als leitende Forscherin tätig ist, und der Universität von Buenos Aires mit der TUM stärken. „Die treibende Kraft, die mich dazu brachte, mein Leben der Forschung zu widmen, war die Vorstellung, dass meine Studien der Menschheit helfen könnten”, sagt Marta Antonelli. „Das ist umso wahrscheinlicher, je mehr wir miteinander kooperieren und gegenseitig von unseren Erfahrungen und Erkenntnissen profitieren. Deswegen ist es mir ein Anliegen, die Vernetzung zwischen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern weltweit weiter voran zu treiben.“
Principal Investigator, National Scientific and Technical Research Council (CONICET) TUM August-Wilhelm Scheer Visiting Professor, TUM IAS Hans Fischer Senior Fellowship
Mehrere TUM-Aufenthalte: 2016-2023 bei Professorin Marion Kiechle, Lehrstuhl für Gynäkologie und Geburtshilfe, Direktorin der Frauenklinik
Marta C. Antonelli erwarb ihren Abschluss als Biochemikerin und ihren Doktortitel in Neurochemie an der Universität von Buenos Aires in Argentinien. Nach ihrer Promotion zog sie in die USA, um einen Postdoc-Aufenthalt am Veterans Administration Medical Center in Seattle und an der Universität von Washington unter der Betreuung von Dr. William L. Stahl zu absolvieren.
Derzeit ist sie Leiterin des Labors für perinatale Programmierung der Neuroentwicklung an der Medizinischen Fakultät der Universität Buenos Aires. Sie ist außerdem leitende Forscherin des Nationalen Forschungsrats in Argentinien (CONICET), der dem dortigen Wissenschaftsministerium zugeordnet ist. In der Periode 2022-2023 war sie Präsidentin des Exekutivrats der SAN (Sociedad Argentina de Investigación en Neurociencia / Argentinische Gesellschaft für Neurowissenschaften). In ihrer Amtszeit konzentrierte sie sich darauf, die Gesellschaft zu föderalisieren, da die Neurowissenschaften in Argentinien hauptsächlich auf zwei der 22 Provinzen konzentriert sind. Derzeit ist sie die gewählte Präsidentin der Internationalen Gesellschaft für Neurotoxizität.
Marta Antonelli ist der TUM seit 2016 verbunden – zweimal über die August-Wilhelm-Scheer-Gastprofessur sowie als TUM-IAS Hans Fischer Senior Fellow. In dieser Zeit entwickelte sie an der Frauenklinik und Poliklinik des Klinikums rechts der Isar ein translationales Projekt. Dabei ging es um die Untersuchung von langfristigen Auswirkungen von pränatalem Stress auf die Entwicklung von Kindern sowie die Identifizierung potenzieller Biomarker zur Ausrichtung von Frühinterventionsprogrammen beim Menschen. 2023 wurde ihr von TUM-Präsident Prof. Dr. Thomas Hofmann der Ehrentitel TUM Ambassador verliehen.
TUM-Gastgeber Professorin Marion Kiechle über Prof. Antonelli:
„Frau Prof. Antonelli ist eine herausragende, international anerkannte Wissenschaftlerin auf dem Gebiet der pränatalen Stressforschung. Wir möchten ihr für die fruchtbare Zusammenarbeit in den letzten Jahren herzlich danken.“
TUM-Ambassador Professor Marta C. Antonelli:
„An alle meine Aufenthalte an der TUM habe ich viele schöne Erinnerungen. Ein gemeinsamer Nenner verbindet sie: der herzliche Empfang, den ich stets erfuhr. Jeder Austausch war von Freundlichkeit geprägt und es war meinen Partnern wichtig, dass ich mich wohlfühlte. Die TUM ermöglichte es mir, meinen langgehegten Traum von einer klinischen Studie Wirklichkeit werden zu lassen, wovon meine Forschung sehr profitierte. Die Auszeichnung als TUM Ambassador ehrt mich nicht nur, sondern krönt meine unglaubliche TUM-Reise.“