Leifeld ist Konzeptzeichnerin, sie entwirft auf Grundlage von Drehbüchern Orte und Gebäude für Filmkulissen. Für den Kriegsfilm „Im Westen nichts Neues“ recherchierte und konzipierte sie Schützengräben, Zugwaggons und Feldlager, für fast jedes Set fertigte sie eine Zeichnung an. Mit Erfolg. Anfang des Jahres gewann der Film in der Kategorie „Bestes Szenenbild“ einen Oscar. „Ich habe mich schon über die Nominierung total gefreut“, sagt sie heute. „Dass wir dann am Ende sogar gewonnen haben, das war einfach unfassbar.”
KEINE KLASSISCHE ARCHITEKTIN
Eigentlich wusste Waleska Defne Leifeld schon während ihres Architekturstudiums an der TUM, dass aus ihr keine klassische Architektin werden würde. Die Praktika in den Architekturbüros waren interessant, aber nicht ihre Zukunft. Also arbeitete sie nebenher weiter am Theater, erstellte Bühnenbilder. Trotzdem, war ihr immer klar, dass das Studium genau das war, was sie damals brauchte. „Ich habe gespürt, ich bin genau richtig in diesem Studium. Was ich da mitgenommen habe, prägt mich bis heute“, sagt sie.
Die langen Nächte mit den anderen Studierenden, an deren Ende dann endlich die gemeinsam erarbeiteten Entwürfe an den Wänden hingen. Dieses Miteinander, das auch an Filmsets so dringend benötigt wird. Das breite und vielfältige Wissen, das sie damals mitnahm. Am TUM-Lehrstuhl von Prof. Rainer Wittenborn lernte sie das künstlerische freie Arbeiten kennen, TUM-Professorin Dr. Hannelore Deubzer zeigte ihr, was für eine Macht Licht haben kann und Prof. Ueli Zbinden brachte ihr bei, Raum zu verstehen, zu sehen und zu lesen. Das Wissen um die Räume hat sie bis heute begleitet.
Ich habe gespürt, ich bin genau richtig in diesem Studium.
Die meisten Menschen, die einen fremden Raum betreten, gehen einfach hindurch. Vielleicht schauen sie sich noch kurz um oder setzen sich eine Zeit lang, aber irgendwann ziehen sie dann weiter und vergessen ihn. Bei Waleska Defne Leifeld ist das anders. „Ich beobachte sehr genau“, sagt sie. Und manchmal gibt es Momente, in denen es spannend wird, in denen das Licht die Oberflächen auf eine ganze bestimmte Art und Weise berührt. Momente, in denen die Strahlen zum Beispiel auf Feuchtigkeit treffen und sich tiefer in den Raum ausbreiten. „Das Wetter, das Licht, die Tageszeit, all das beeinflusst das Raumerlebnis“, sagt Leifeld. All das möchte sie in ihren Skizzen reproduzieren.
Nach ihrem Aufbaustudium an der Hochschule für Film und Fernsehen holte der Szenenbildner Uli Hanisch sie 2005 ans Set der Romanverfilmung „Das Parfüm“. Leifeld war erst nur Praktikantin, aber im Laufe des Films durfte sie Sets mitentwickeln, Requisiten bauen, technische Zeichnungen anfertigen. Da dachte sich Leifeld, ja, genau so muss sich das anfühlen, da will ich sein, das fühlt sich super an, das will ich weitergeben. „Ich wollte die Erlebnisse aus der realen Berufswelt immer wieder zurücktragen, deswegen war die Lehre immer schon ein zweites Bein auf meinem beruflichen Weg“, sagt Leifeld.
DER RICHTIGE WEG
Ihre Erfahrungen brachte sie erst als wissenschaftliche Mitarbeiterin an der TUM am Lehrstuhl für Nachhaltige Entwicklung von Stadt und Land von Prof. Mark Michaeli ein, dann als Lehrbeauftragte für Szenografie am Lehrstuhl für Entwerfen und Gestalten von Prof. Uta Graff. Seit 2021 ist sie Professorin an der OTH Regensburg. Manchmal, sagt Leifeld, taucht sie mit den Studierenden so sehr ein, dass die Zeit völlig verfliegt. Dann weiß sie, auch das war der richtige Weg.
Bevor der Oscar 2023 kam, war da also erstmal der Ernst-Otto-Fischer-Lehrpreis. Der Preis würdigt innovative Lehrprojekte, die an der TUM umgesetzt werden. Leifeld wurde 2011 für ihr Kooperationsmodell mit der Hochschule für Film und Fernsehen ausgezeichnet. Bis heute gibt es gemeinsame Seminare am Lehrstuhl von Uta Graff. Kamera- und Architektur-Studierende arbeiten zusammen, entwickeln großformatige Modelle und Sets, die an der HFF ausgeleuchtet werden und in denen gedreht wird. „Mit dem Raum als Protagonisten werden dann Geschichten erzählt, ganz ohne menschliches Vorhandensein“, sagt Leifeld.
WAS KOMMT DANACH?
Auch weiterhin engagiert sich Leifeld für die TUM. Vor einigen Jahren gab sie auf einem Panel ihre Erfahrungen weiter. Es ging um den weiteren Weg nach dem Architekturstudium. Was gibt es für Möglichkeiten? Bin ich hier richtig? „Nehmt alles mit im Studium, was man mitnehmen kann“, sagte Leifeld zu den Studierenden damals, „seid ein bisschen mutig, vertraut euch, vertraut darauf, dass ihr euren Weg findet, es muss auch nicht immer der klassische sein, ich habe meinen vorher ja auch nicht gekannt, aber der Weg, der findet sich.“ Hat bei ihr ja auch geklappt.
Diplom Architektur 2002
Nach ihrem Architekturstudium an der TUM und einem Auslandsaufenthalt an der École Polytechnique Fédérale de Lausanne, absolvierte Waleska Defne Leifeld den Aufbaustudiengang Film- und Fernseh-Szenenbild an der Hochschule für Film und Fernsehen. Als Konzeptzeichnerin arbeitete sie neben Filmen wie „Das Parfum – Die Geschichte eines Mörders“ und „Krabat“ auch am Szenenbild des deutschen Films „Im Westen Nichts Neues“ mit. Der Film gewann 2023 mehrere Oscars, unter anderem für das beste Szenenbild.
Seit Mai 2021 ist Leifeld Professorin an der OTH Regensburg. Dort unterrichtet sie an der Fakultät für Architektur das Lehrgebiet „Gestalten und Darstellen, analog und digital“. Ihrer Professur gingen viele Lehrengagements an der HFF sowie an der Fakultät für Architektur an der TUM voraus. Für ihr innovatives Lehrkonzept, einer Kooperation mit der HFF, wurde sie 2011 von der TUM mit dem Ernst-Otto-Fischer-Lehrpreis ausgezeichnet. Leifeld hat drei Kinder und lebt in München.