Ben Feringa ist auf einem Bauernhof zusammen mit neun Geschwistern aufgewachsen; als Kind wollte er selbst Landwirt werden. Sein Vater aber meinte, er solle erst studieren, dann könne er immer noch in die Landwirtschaft zurückkehren. Zusammen mit seiner großen Schwester war er dann der erste in der Familie, der aufs Gymnasium und später an die Universität ging. Feringa war neugierig auf die Welt, wollte sie entdecken und erforschen, er liebte Entdecker-Romane und stellte bei der Landarbeit immer wieder Fragen zu dem, was er vorfand – „zum Beispiel darüber, wie es möglich ist, dass aus einem kleinen Kern eine vier Meter hohe Sonnenblume wächst“ – und diskutierte darüber mit seinen Geschwistern.
Das erste selbstgebaute Molekül
Seine Eltern hätten ihn bei seinem Forscherdrang immer unterstützt, sein Chemie-Lehrer am Gymnasium aber war es, der den Ausschlag für die Studienwahl Feringas gab: „ein ganz besonderer Typ, er inspirierte und motivierte uns sehr“. Die Tatsache, dass man bei den Experimenten etwas veränderte, etwas machen und sehen konnte, das hat Feringa von Beginn an fasziniert. Deshalb entschied er sich für ein Studium der Chemie in Groningen. Im dritten Studienjahr endlich durfte er eigene Experimente durchführen und baute schon nach den ersten Wochen sein erstes Molekül – „ein schönes weißes Pulver“, wie Feringa noch bildlich vor Augen hat – und sein Professor staunte: „Niemand in der Welt hat dieses Molekül bisher gebaut.“ Es sei ein absolut nutzloses Molekül gewesen, aber Feringa war begeistert: „Das gibt dir das Gefühl, ein Künstler zu sein – wow, niemand hat das bisher gemacht, ich war’s.“
Dieses Gefühl hat Feringa mittlerweile schon häufig erlebt: Bevor er seine molekularen Maschinen anfertigte, gab es solche nicht. Moleküle bewegen sich normalerweise zufällig, ihre Bewegung zu kontrollieren, hatte bisher niemand geschafft. Dann entdeckte das Team um Feringa, dass Moleküle auf Licht mit einem Hin- und Herschalten reagierten, und dann, zehn Jahre später, dass sie sich durch Lichtantrieb in die immer gleiche Richtung drehten: „Damit hatten wir einen rotierenden Motor – im Nanobereich“. Weitere zehn Jahre habe es dann gedauert, bis sie das erste Nano-Auto gebaut haben, das sich auf einer Oberfläche bewegen konnte, erzählt Feringa. Dinge, die es davor nicht gab.
Ich liebe die großartige Atmosphäre von Wissenschaft an der TUM.
Als Ben Feringa „für das Design und die Herstellung molekularer Motoren“ mit dem Nobelpreis ausgezeichnet wurde, freuten sich auch die Münchner Kollegen. Für Feringa ist der Nobelpreis wie der Gewinn einer Goldmedaille – den er nicht im Blick hatte, als er an der kontrollierten Bewegung von Molekülen geforscht hat, für den er aber hart trainiert hat. Was kommt nach dem Nobelpreis? „Zwei Dinge“, sagt Feringa: „Weiterforschen natürlich, weil das meine Leidenschaft ist“. Und zweitens möchte er der Wissenschaft etwas zurückgeben und sich vermehrt für die Förderung der Wissenschaft einsetzen – in der Politik oder an Schulen zum Beispiel: „Ich verstehe mich mehr denn je als Botschafter für die Wissenschaft und Bildung.“ Und das funktioniert, denn sein Enthusiasmus für die Wissenschaft ist ansteckend.
TUM-IAS Honorary Hans Fischer Senior Fellow, TUM Ambassador 2017
Nach seiner Promotion an der Universität Groningen 1978 arbeitete Ben L. Feringa einige Jahre bei Shell, bevor er an die Universität in Groningen zurückkehrte. Dort ist er bis heute Professor, baut molekulare Motoren, lehrt mit Leidenschaft und trägt seine Begeisterung für die Wissenschaften auch in die Grundschulen hinein – seine Augen leuchten, wenn er von den Entdeckungen erzählt, die seine Studierenden machen.
Für das Design und die Herstellung von molekularen Maschinen hat er 2016 – zusammen mit Professor Jean-Pierre Sauvage und Professor Sir J. Fraser Stoddart – den Nobelpreis in Chemie erhalten.
Regelmäßig besucht er die TUM, um sich mit Gastgeber Professor Thorsten Bach auszutauschen.
2017 wurde Ben L. Feringa von TUM-Präsident Wolfgang A. Herrmann der Ehrentitel TUM Ambassador verliehen. In Anerkennung ihrer Verdienste erhalten seit 2013 einmal jährlich ausgewählte internationale Spitzen-Forscherinnen und -Forscher, die als Gast an der TUM geforscht haben, diesen Titel.